Roland Trill, Fachhochschule Flensburg
Einleitung
Ohne Frage besitzt Deutschland heute ein sehr ausdifferenziertes, aber auch im internationalen Vergleich gutes Gesundheitswesen, das allerdings im internationalen Vergleich auch als eines der teuersten anzusehen ist. So verwundert es nicht, dass im Jahr 2004 Ausgaben für Gesundheit 10, 6 %des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmachten. Nicht wenige Experten erwarten in den nächsten Jahren eine zunehmende Tendenz. Dies ist kompatibel mit den Erwartungen, dass „Gesundheit “ der Treiber des 6. Kondratjew-Zyklus 1 sein wird.
Das deutsche Gesundheitswesen steht in der Zukunft hinsichtlich der Finanzierung vor zwei zentralen Herausforderungen: - Bewältigung der demografischen Entwicklung (die Anzahl der alten Menschen wird überproportional zunehmen, was die Kosten erhöhen wird, während die Anzahl der Einzahler abnehmen wird)
- Finanzierung des permanenten medizinischen Fortschritts (der immer mehr Krankheiten behandelbar machen und die Lebenszeit des Menschen verlängern wird) Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Ausgaben für das Gesundheitswesen von 240 Mrd. Euro im Jahr 2004 weiter ansteigen werden. Eine Studie von Roland Berger geht für das Jahr 2020 von 420 Mrd. a aus.
Die Gegenwart
Das deutsche Gesundheitswesen zeichnet sich noch dadurch aus, dass
- es stark fragmentiert ist (jeder Sektor organisiert „sich “intern, Prozesse enden oft an den Sektorengrenzen)
- der Bürger eine weitgehend passive Rolle einnimmt
- IT-Systeme innerhalb der Unternehmen und zwischen den Sektoren wenig kompatibel sind
- mobile Services (noch) eine geringe Bedeutung haben.
Die Strukturen und die Prozesse im deutschen Gesundheitswesen werden sich in den kommenden 10 Jahren grundlegend verändern. Ohne eine intelligente informations-und kommunikationstechnische Infrastruktur wird das Streben um Effektivität und Effizienz ein „Kampf gegen Windmühlen sein “:eHealth ist die Zukunft! Die Tabelle 1 vermittelt einen ersten Eindruck davon, welchen Beitrag die Technologien bei der Bewältigung der Herausforderungen zu leisten vermögen bzw. dass es unmöglich erscheint, auf eine IT-und KT-Infrastruktur zu verzichten:
Die Zukunft
eHealth beinhaltet eine weitgehende technologische Vernetzung aller Beteiligten am Gesundheitsmarkt. 2 Denkt man an eHealth-Anwendungen, fallen einem zunächst vier offensichtliche Beispiele ein: - Versorgungskooperation (z. B. indem telemedizinische Leistungen zwischen Einrichtungen erbracht werden)
- schnelle Versorgung mit Daten in Notfallsituationen (übrigens ist dies die wesentliche Motivation der Bürger, die elektronische Gesundheitskarte nach wie vor positiv zu beurteilen)
- Einholung von Zweitmeinungen (insbesondere in ländlichen Räumen wird hierdurch die Hinzuziehung von Expertenwissen befördert)
- Home Care (was die längere Versorgung von insbesondere älteren Menschen in ihrer häuslichen Umgebung mit Gesundheitsleistungen ermöglicht; in diesem Kontext spielt das so genannte Body Area Network eine wichtige Rolle, das durch Sensoren und Sender den Patienten mit dem Experten, gegebenenfalls über zwischengeschaltete Callcenter, verbindet)
Im hier zu diskutierenden Kontext spielen folgende Veränderungen im Gesundheitswesen eine besondere Rolle:
- der Bürger nimmt aktiv am Gesundheitswesen teil
- der Bürger nutzt diverse Services im Gesundheitswesen (insbesondere mobile Services) ;der Bürger führt seine eigene Patientenakte
- die Sektorengrenzen sind weitgehend aufgehoben, z. T. entstehen neue Anbieter (Vollsortimenter)
- die Elektronische Patientenakte (EPA) wird zentrales Informationsmedium für Leistungsanbieter und Bürger
Die veränderte Rolle des Bürgers ist bereits heute erkennbar. Die Nutzung des Internets (in Europa) ist beispielsweise von 19 %im Jahr 1999 auf 67 %im Jahr 2006 angestiegen. Im Internet gibt es viele Portale, die sich mit Gesundheitsfragen beschäftigen. Sie gehören zu den am häufigsten besuchten Webseiten im Internet. Jeder dritte Deutsche sucht sich Rat zu medizinischen Themen im Internet. In den USA sind erste Schritte hin zu einer Online-Medizin erkennbar. 3 Der Bürger wird dem Ziel „Gesund bleiben “ein zunehmend höheres Gewicht beimessen, was –ganz nebenbei bemerkt –auch zu weiteren Angeboten auf der Anbieterseite führen wird.
eHealth wird von allen Zielgruppen als wesentlich für den Standort Deutschland bezeichnet. Darüber hinaus sehen alle Beteiligten eHealth-Anwendungen als Erfolgsfaktoren im wachsenden Gesundheitsmarkt. Diese Einschätzung wird ein Motor für neue Anwendungen sein, was allerdings eine Erhöhung des Investitionsbudgets aller Beteiligten notwendig macht. - 97 %der Leistungsanbieter bezeichnen die Bedeutung von eHealth als zunehmend bis stark zunehmend
- 85 %der Leistungsanbieter sehen in eHealth-Anwendungen einen Wettbewerbsfaktor im deutschen Gesundheitswesen
- 73 %der Leistungsanbieter glauben gar, dass diese Anwendungen für den Standort Deutschland einen Wettbewerbsfaktor ausmachen
- 80 %der Technologie-Anbieter sehen bis ins Jahr 2015 ein Umsatzwachstum, 85 %sehen wachsende Beschäftigung (Zukunftsmarkt)
- 100 %der Anbieter bezeichnen die Bedeutung von eHealth für ihr Unternehmen als zunehmend bis stark zunehmend
- 96 %der Anbieter sehen in eHealth-Anwendungen einen Wettbewerbsfaktor im deutschen Gesundheitswesen
- 76 %dieser Unternehmen glauben, dass diese Anwendungen für den Standort Deutschland einen Wettbewerbsfaktor ausmachen werden...
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel: | eHealth ist die Zukunft – ein Blick bis ins Jahr 2015 | Artikel ist erschienen in: | Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2008
| Kontakt/Autor(en): | Prof.Dr.Roland Trill Fachhochschule Flensburg University of Applied Sciences Fachgebiet Krankenhaus- management &eHealth Studiengangsprecher Masterstudiengang eHealth Kanzleistraße 91-93 D 24943 Flensburg Tel.:+49 (0) 4 61 /8 05 14 73 Fax:+49 (0) 4 61 /8 05 14 96
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