Organisationsübergreifender Zugriff auf heterogene medizinische Informationssysteme unter Nutzung des IHE-RID-Integrationsprofils im Projekt ARTEMIS
Ralph Stuber, Thomas Aden, Marco Eichelberg OFFIS, Oldenburg
Derzeit werden Patienten bezogene, elektronisch verfügbare medizinische Daten in Krankenhäusern überwiegend verteilt in heterogenen, historisch gewachsenen Informationssystemen vorgehalten. Da Patienten im Laufe Ihres Lebens zudem von verschiedenen Haus-und Fachärzten sowie in verschiedenen Krankenhäusern behandelt werden, liegen medizinische Daten in der Regel an verschiedenen Standorten vor. Das Auffinden von und der Zugriff auf derartige medizinische Daten zu einem spezifischen Patienten und über die Grenzen einer Gesundheitsorganisation hinaus ist heutzutage oft auf spezielle telemedizinische Anwendungen eingeschränkt. Betrachtet man den Trend zur Spezialisierung der medizinischen Organisationen, so erscheint es sinnvoll, einen Organisationen übergreifenden, vereinheitlichten Zugriff auf die medizinischen Informationen bezogen auf einen spezifischen Patienten, d.h. eine Organisationen übergreifende „elektronische Gesundheitsakte”, zu realisieren. Gründe hierfür liegen unter anderem in der Möglichkeit der Kostenminimierung, beispielsweise durch Vermeidung unnötiger, redundanter Untersuchungen, und in der Mobilität der heutigen Bevölkerung im europäischen Raum. In dem von der EU geförderten Forschungsprojekt ARTEMIS wurde eine Organisationen übergreifende Interoperabilität auf Basis des von der Initiative „Integrating the Healthcare Enterprise “ (IHE) vorgeschlagenen Integrationsprofils „Retrieve Information for Display “ (RID) entworfen und umgesetzt. Es wurde die Möglichkeit zu einem standardisierten Zugriff auf Patienten bezogene Informationen und Dokumente geschaffen, der potentiell komplexe, native Zugriffsmethoden auf heterogene, in heutigen Gesundheitsorganisationen vorzufindende Informationssysteme kapselt.
Einleitung
Patienten bezogene, elektronisch verfügbare medizinische Daten werden derzeit oftmals in heterogenen, voneinander isolierten Informationssystemen vorgehalten, die in der Regel an verschiedenen Standorten, oft auch in unterschiedlichen Ländern, lokalisiert sind und von verschiedenen Organisationen betrieben werden. Dies ist u.a. bedingt durch den Umstand, dass im Laufe des Lebens eines Patienten verschiedene Behandlungen durch unterschiedliche Ärzte und in verschiedenen Arztpraxen und Krankenhäusern durchgeführt werden, die jeweils ein eigenes, historisch gewachsenes Informationssystemen nutzen. Diese Informationssysteme zeichnen sich oftmals durch die Verwendung von untereinander inkompatiblen Datenstrukturen und Kommunikationsprotokollen aus. Dieser Umstand erschwert oder verhindert den elektronischen Datenaustausch zwischen verschiedenen Organisationen im Umfeld des Gesundheitswesens. Ein weiterer Grund für die Dezentralisierung der medizinischen Dateien ist darin zu sehen, dass verschiedene Fachabteilungen, in denen die Daten anfallen, auch innerhalb eines Krankenhauses diese Daten in eigenen Informationssystemen speichern. So ist es leider noch immer die Regel, dass trotz verfügbarer standardisierter Schnittstellen zwischen Informationssystemen, wie etwa HL7 [1, 2] oder DICOM [3], ein Austausch von medizinischen Daten zwischen Krankenhäusern oder niedergelassenen Ärzten überwiegend papiergebunden stattfindet.
Ein Organisation übergreifender, vereinheitlichter Zugriff auf die medizinischen Informationen eines spezifischen Patienten, d.h. eine Organisation übergreifende „elektronische Gesundheitsakte”, wäre hingegen von großem Nutzen. Verschiedene Tests, wie z.B. die Bestimmung spezifischer Blutwerte oder zur Verträglichkeit verschiedener Wirkstoffe, könnten durch Einsicht in bereits vorhandene Daten vermieden werden. Weiter birgt die Vermeidung redundanter Untersuchungen ein großes Kostensenkungspotential, welches ebenfalls der Entlastung des Gesundheitssystems zu Gute käme. Zusätzliche Untersuchungen zur Datenerhebung könnten bereits zuvor von einer anderen Organisation durchgeführt worden sein. Schließlich spricht auch die Mobilität der heutigen Bevölkerung, speziell im europäischen Raum, für die Schaffung eines Organisationen übergreifenden Zugriffs auf Patienten bezogene, medizinische Daten. Im Falle einer medizinischen Behandlung eines Patienten während einer Reise könnte so behandeln des medizinisches Personal einer beliebigen Organisation aus dem Gesundheitswesen europaweit Einsicht in die am Heimatort des Patienten vorgehaltenen medizinischen Daten nehmen, und somit von den zuvor genannten Vorteilen profitieren.
Mit dem Ziel der Verbesserung des Austausches von medizinischen Daten zwischen verschiedenen Organisationen aus dem medizinischen Umfeld entwickelt das von der EU geförderte Projekt „ARTEMIS ”(A Semantic Web Service-based P2P Infrastructure for the Interoperability of Medical Information Systems) [4, 5] eine Semantic Web-basierte Peer-to-Peer- Infrastruktur (P2P) für Informationssysteme aus dem Umfeld des Gesundheitswesens. ARTEMIS setzt dabei an verschiedenen Stellen des Organisationen übergreifenden Datenaustausches an. So existiert derzeit kein europaweit gültiges Attribut zur eindeutigen Identifikation eines Patienten. Zur Lösung dieses Problems bietet das in ARTEMIS entstandene P2P-Netzwerk u.a. ein sogenanntes Patientenidentifizierungsprotokoll (“PID-Protokoll “) [6, 7] zum Auffinden von Patienten bezogenen Datensätzen in verteilten medizinischen Informationssystemen verschiedener medizinischer Organisationen. Hierbei werden durch ein sogenanntes „Record Linkage “-Verfahren [6] auf Basis der Stammdaten eines Patienten jene Patienten-Datensätze aus dem Gesamtdatenbestand herausgefiltert, die einem Patienten auf der Grundlage seiner Stammdaten zugeordnet werden können. Zugriffskontrollstrukturen und Datenschutzanforderungen finden hierbei Berücksichtigung.
Zur Umsetzung der Suche nach und des Zugriffs auf Patienten bezogene, medizinische Dokumente über die Grenzen von medizinischen Organisationen hinaus kombiniert ARTEMIS das PID-Protokoll mit dem in [8, 9] beschriebenen „Retrieve Information for Display ”-Integrationsprofil (RID), welches von der Initiative „Integrating the Healthcare Enterprise ” (IHE) [10, 11] entwickelt wurde. Dieses Profil erlaubt es einem Nutzer, nach Patienten bezogenen Dokumenten in ggf. verschiedenen, örtlich voneinander entfernten Informationssystemen zu suchen, diese anschließend zu beziehen und sie schließlich auf speziell dafür vorgesehenen Systemen darzustellen. Zusammen mit der ARTEMIS-Infrastruktur ermöglicht das RID-Integrationsprofil die Suche nach und den Zugriff auf medizinische Daten über die Grenzen von einzelnen medizinischen Organisationen hinaus. ...
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel: | Organisationsübergreifender Zugriff auf heterogene medizinische Informationssysteme unter Nutzung des IHE-RID-Integrationsprofils im Projekt ARTEMIS | Artikel ist erschienen in: | Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2007
| Kontakt/Autor(en): | Ralph Stuber, Thomas Aden, Marco Eichelberg OFFIS, Oldenburg | Seitenzahl: | 7 | Sonstiges: | 7 Abb. | Dateityp/ -größe: | PDF / 568 kB | Click&Buy-Preis in Euro: | 0,50 | Rechtlicher Hinweis: Ein Herunterladen des Dokuments ist ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erlaubt. Jede Art der Weiterverbreitung oder Weiterverarbeitung ist untersagt.
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