Geschäftsmodelle für elektronische Gesundheitsakten in Deutschland
Frank Warda, Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI)
Aktuelle Situation
Die gegenwärtigen massiven Anstrengungen zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und zum Aufbau der nationalen Telematikinfrastruktur geben auch elektronischen Gesundheitsakten (EGA) viele positive Impulse. Da der inhaltliche Austausch von elektronischen Gesundheitsakten und elektronischen Patientenakten eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg von EGAs sein wird und dafür eine fl ächendeckende Onlineanbindung von Ärzten und Kliniken erforderlich ist, schafft der Aufbau der Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen die nötigen Rahmenbedingungen für Ärzte 1 .
Auch wenn heute noch legitimierte und elektronisch signierte Dokumente nicht im Routineeinsatz sind, es ungezählte Probleme bei Schnittstellen, Regelungen, Abläufen und der Akzeptanz gibt, ist die gegenwärtige Entwicklung von elektronischen Gesundheitsakten positiv zu sehen. Es werden von den Herstellern verschiedene Modelle angeboten, unterschiedliche Konzepte erprobt und ganz allgemein die Kenntnis vom Vorhandensein und den Problemen der patientengeführten medizinischen Dokumentation bei Ärzten und Patienten verbessert. Nur so kann die dringend nötige Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex auf eine breitere Basis gestellt werden. Deshalb ist jedes neue Angebot einer EGA, und sei es technisch oder organisatorisch noch so unausgereift, schon alleine deshalb positiv zu bewerten, weil es in diesem frühen Stadium Problemfelder aufzeigt und praktische Erfahrungen in die bisherige mehr theoretische Diskussion einbringt. Das Gespenst der Inkompatibilität wird allerorten an die Wand gemalt, darf aber die laufenden Entwicklungen nicht bremsen und vor allem nicht zu monolithischen Systemen unter Ausschaltung des Wettbewerbs führen.
Obwohl die elektronische Gesundheitsakte als freiwilliger Teil der zukünftigen Telematikinfrastruktur in Deutschland konzipiert ist, hat sie das Potenzial, langfristig durch die beschriebenen Vorteile die Compliance der Patienten, deren selbstverantwortlichen Umgang mit ihrer Gesundheit und die Informationssituation aller am Behandlungsprozess Beteiligten zu verbessern. Damit werden indirekt auch die Forderungen nach mehr Qualität, Steigerung der Effektivität und Senkung der Kosten im Gesundheitswesen unterstützt. Diese Vorteile werden aber nur dann eintraten, wenn es den kommerziellen Anbietern dauerhaft gelingt, solide Geschäftsmodelle zur Finanzierung von Entwicklung und Betrieb zu entwickeln. Auf diesen Aspekt gehen aktuelle Publikationen und Studien noch nicht ein 2.
Nutzungs- und Abogebühren
Das naheliegendste Modell zur Finanzierung von elektronischen Gesundheitsakten ist sicherlich die Bezahlung einer Nutzungsgebühr durch den Patienten. Dieses Modell wird auch von den Produkten LifeSensor, careon.de, Avetana und Vita-X umgesetzt (siehe Tabelle 1). Es ist jedoch auch das sicher am schwierigsten zum (finanziellen) Erfolg führende Modell. Neben hohen Kosten für Werbung bei Endkunden mit einem riesigen Streuverlust benötigt der Anbieter sehr viel Vertriebskapazität, die auch wiederum hohe Kosten verursacht. Darüber hinaus muss auch ein ausreichendes finanzielles Polster vorhanden sein, um die absehbar langen Zeiträume bis zur Gewinnung nennenswerter Kundenzahlen durchzuhalten.
Betrachtet man aber die relativ geringen EGA-Preise von ca. 20,– bis 60,– c pro Patienten pro Jahr, wird schnell klar, dass schon erhebliche Mengen von zahlenden Kunden gewonnen werden müssen, um für die anbietenden Unternehmen zumindest eine Kostendeckung für Entwicklung, Betrieb und Vertrieb der Produkte zu erreichen. Es sieht gegenwärtig so aus, als wären nur ICW mit LifeSensor und die CompuGROUP mit Vita-X dazu in der Lage. Die CompuGROUP kann dabei die nötigen Investitionen aus dem laufenden Casfl ow anderer Geschäfte fi nanzieren, ICW setzt bei geringem Umsatz und hohen laufenden Kosten Gelder von Investoren ein. Finanzielle Stabilität des Anbieters ist jedoch für den Patienten von erheblicher Bedeutung, wenn man an den großen Arbeitsaufwand denkt, den die Pfl ege der eigenen Akte bedeutet sowie an die persönliche Bedeutung der zusammengestellten Gesundheitsdaten. Deshalb sollte der Betreiber der eigenen Akte langfristig gesichert existieren.
Im Verlauf der letzten Jahre ist es zu einem deutlichen Preisverfall bei den Nutzungsgebühren gekommen. Nannte LifeSensor im Jahr 2000 noch einen Grundpreis von 93,– c im Monat, ist akteonline.de heute schon für 30,– c im Jahr zu haben. Das bedeutet eine Preisreduktion von 95% und macht den Wettbewerbsdruck, aber auch das sich verändernde Konsumverhalten der Nutzer deutlich. Was im Jahr 2000 noch etwas Besonderes war, wird immer mehr zur alltäglichen Anwendung (Internet), wofür (bei Patienten) in Deutschland keine hohen Preise mehr durchsetzbar sind. Das ist in anderen Ländern offenbar anders. In den USA berechnet der Marktführer WebMD für seine Gesundheitsakte „Health Manager“ 29,95 US$ pro Monat! ...
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel: | Geschäftsmodelle für elektronische Gesundheitsakten in Deutschland | Artikel ist erschienen in: | Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2006
| Kontakt/Autor(en): | Frank Warda, Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) | Seitenzahl: | 6 | Sonstiges: | 2 Abb., 1 Tabelle | Dateityp/ -größe: | PDF / 1.036 kB | Click&Buy-Preis in Euro: | 0,50
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