Beispiele transparenter Integration über Produkt- und Institutionsgrenzen hinweg
Norbert Braun, Ercan Elitok, Jörg Stadler, Thomas Waller InterComponentWare AG
Die Infrastruktur im Gesundheitswesen ist zur Zeit – und in absehbarer Zukunft – äußerst heterogen. Daraus ergibt sich die Hauptproblematik der Einführung einer Telematik-Infrastruktur, die Integration unterschiedlichster Produkte und Komponenten bei den verschiedenen Partnern im Gesundheitswesen. Über die Möglichkeiten modernster Software-, Internet- und Hardwarekomponenten kann dieser Integrationsschritt gegangen werden. Diese Komponenten bilden den Integration Layer zur Integration vorhandener und zusätzlicher Komponenten im Gesundheitswesen. Dies schafft eine „Technologie für Gesundheit“, welche die Chance für eine optimale Vernetzung des Gesundheitswesens bietet. Durch die Vernetzung aller Partner im Gesundheitswesen ist eine Optimierung im Bereich Vorsorge und Behandlung zu erreichen. In diesem Artikel werden, neben den grundsätzlichen Komponenten der Telematik-Infrastruktur, verschiedene Fallbeispiele von Integrationen über Produkt- und Institutionsgrenzen hinweg vorgestellt und von einem technischen Standpunkt aus beleuchtet. Diese Fallbeispiele umfassen Praxisnetze (integrierte Versorgung) sowie die Integration von Vorsorge-Instrumenten beim niedergelassenen Arzt (wie Fitness- Assistent und Ernährungs-Assistent als Teil der elektronischen Gesundheitsakte LifeSensor). Die vorgestellten Projekte werden diskutiert in Hinsicht auf die Konsequenzen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sowie die Entwicklung der entsprechenden Telematik-Infrastruktur in Deutschland. Abschließend wird ein Ausblick auf zukünftige Auswirkungen der deutschen Lösung auf Aktivitäten im internationalen Bereich prognostiziert.
1 Einleitung
Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sowie der dazu benötigten Telematik-Infrastruktur in Deutschland ist ein sehr ehrgeiziges Projekt. So werden u. a. 1,8 Millionen Heilberufeausweise (HBA) ausgegeben werden, 72 Millionen gesetzlich Krankenversicherte und 8 Millionen Privatpatienten erhalten neue elektronische Gesundheitskarten (eGK), vgl. [9]. Die Einführung der eGK wird sich auf die Kommunikationswege im Gesundheitswesen auswirken. Aktuelle, lokale Anstrengungen der Vernetzung von Heilberufl ern und Kliniken hin zur Integrierten Versorgung schaffen fachbereichs- oder sektorübergreifende, kurze Kommunikationswege. Kliniken organisieren sich im Verbund und optimieren durch gezielte Organisation von Daten die verbundinterne Kommunikation. Dieser Qualitätsgewinn kann durch die Nutzung von hochmoderner Telematik noch gefördert werden. Die Einführung von zusätzlichen Diensten, wie Arzneimitteldokumentation, soll effizient zur Verhinderung von Fehlbehandlungen, Erkennung von ungewollten Wechselwirkungen und Kontraindikationen eingesetzt werden. Eine leistungserbringerübergreifende, integrierte Patienten- und Dokumentenübersicht ist eine weitere Möglichkeit der Kommunikationsoptimierung und Kostenminimierung. Der Fokus der Anwendungen liegt deshalb in der Interoperabilität und Erweiterbarkeit von Funktionen, Daten und Arbeitsabläufen (Workfl ow) zwischen den Partnern im Gesundheitswesen.
Im Folgenden werden die Rahmenbedingungen, Ziele und Möglichkeiten der Einführung der eGK diskutiert. Anschließend werden in Kapitel 2 die Komponenten für eine Integration über System- und Sektorengrenzen hinweg, wie sie zur Integrierten Versorgung im Rahmen der Telematik-Infrastruktur benötigt werden, vorgestellt. Kapitel 3 diskutiert Chancen und Risiken der Einführung dieser Komponenten in das Gesundheitswesen. In Kapitel 4 werden Schlussfolgerungen für die Einführung der eGK in Deutschland gezogen. Der Artikel endet mit einem Ausblick auf die gegenwärtige Situation in Deutschland und die Möglichkeiten der Telematik-Infrastruktur im Ausland.
1.1 Rahmenbedingungen
Die Lösungsarchitektur, die die Funktionalitäten bez. Kommunikationsfl uss, Datensicherheit und Datenschutz abdeckt, ist zum Teil durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG)1 definiert. Dieses schreibt eine Infrastruktur vor, welche in der bIT4health (b4h)2 Rahmenarchitektur 3 , vgl. [3], konkretisiert ist.
Dort werden verschiedene standardisierte Infrastrukturdienste vorgeschlagen, so z. B. zentralisierte Komponenten wie die Dienste
- Basisdienste für Sicherheit, Datenschutz und Administration,
- Versicherungsstammdaten-Dienst zur Überprüfung der Versichertendaten,
- Verordnungsdatendienst für die Übertragung von elektronischen Rezepten und Überweisungen,
- Kartenapplikations-Verwaltungssystem (CAMS)4 für die Verwaltung der Karten und der darauf befindlichen Anwendungen,
und darüber hinaus Dienste für so genannte freiwillige Anwendungen wie
Lokale (dezentrale) Bausteine der Telematik-Infrastruktur sind z.B.
- ein Connector 5 als Schnittstelle für Primärsysteme von Leistungserbringern,
- elektronische Gesundheitskarte (eGK) für Versicherte,
- elektronischer Heilberufeausweis (HBA),
- Kartenlesegeräte für eGK und HBA (vgl. Abbildung 1),
- Schnittstellen für Versicherer.
Dies mündet im idealen Falle in eine Telematik-Infrastruktur mit der Möglichkeit, alle Beteiligten des Gesundheitswesens (Patienten/Versicherte, Heilberufler, Kliniken, Apotheken, Versicherer) zu integrieren.
Die gegebene Infrastruktur ist innerhalb der einzelnen Sektoren des Gesundheitswesen äußerst heterogen. Sektorenübergreifende Kommunikationsstandards für den Austausch von Informationen fehlen bzw. sind in den Systemen noch nicht implementiert. Das GMG fordert jedoch exakt diese intersektorale Kommunikation, die in weiten Teilen für den Patienten transparent und nachvollziehbar zu sein hat.
1.2 Ziele
Im GMG ist u. a. definiert, dass jeder Patient mittels seiner eGK vor Ort beim Leistungserbringer (vgl. Abb. 1) oder bei seiner Versicherung auf die Telematik-Infrastruktur mit den Pflichtanwendungen, wie eRezept, zugreifen kann. Neben diesem Service entspricht es der Erwartungshaltung des Patienten, auf diese Dienste auch via Internet zugreifen zu können. Zusätzlich hat jeder Patient die Möglichkeit, eigene, spezifische Dienste in Anspruch zu nehmen, wie zum Beispiel eine elektronische Gesundheitsakte (EGA) für Pflicht- und Mehrwertanwendungen. Die Möglichkeiten reichen von der Speicherung von klinischen Basisdaten über erweiterte Dienste wie Arzneimitteldokumentation, eArztbrief und eZuzahlungsquittung bis hin zur Nutzung umfangreicher Gesundheitsassistenten.
Der Leistungserbringer hat über den b4h-Connector einen sicheren Anschluss seines lokalen Netzwerkes an die Telematik-Infrastruktur. Er kann mit weiteren Leistungserbringern sowie Versicherungen oder Patienten in Kontakt treten. Patientendaten, wie Diagnosen und Behandlungen, hält er im Primärsystem bzw. einer elektronischen Patientenakte (ePA) vor. Relevante Behandlungsdaten stellt der Leistungserbringer als verifizierte Kopie in die eGA seines Patienten. Dort werden die Daten in Redundanz zum Primärsystem zur Verfügung des Patienten gehalten.
Kliniken wird es durch den Connector ermöglicht, das jeweilige Klinikinformationssystem (KIS) in die Telematik-Infrastruktur zu integrieren.
Die Administration der eGK wird den Versicherern durch ein Kartenmanagement System (CAMS) ermöglicht. Dieses gestattet das Management der Ausgabe, Verwaltung, Aktualisierung und Einziehung der eGK.
1.3 Möglichkeiten
Die durch das GMG definierten Rahmenbedingungen können als Ausgangspunkt für verschiedene Integrationsbemühungen genutzt werden.
Bezüglich der Behandlung von Patienten kann die Nutzung von zusätzlichen Diensten, wie Arzneimitteldokumentation, effi zient zur Verhinderung von Doppelmedikation, Erkennung von ungewollten Wechselwirkungen und Kontraindikationen eingesetzt werden.
Der Leistungserbringer in Praxisnetzwerken oder integrierten Versorgungszentren kann für seinen Patienten eine elektronische Überweisung ausstellen und die Diagnose des weiterbehandelnden Facharztes oder der Klinik elektronisch in sein Praxisverwaltungssystem übernehmen. Neben der Qualitätsoptimierung durch die Integration der Leistungserbringer über eine Telematikplattform können von diesen auch neue, zusätzliche Angebote geschaffen werden (individuelle Gesundheitsleistungen), welche die Vorsorge des Patienten unterstützen. So können z.B. Fitnessstudios oder Rehabilitationseinrichtungen in den Behandlungsprozess integriert werden, um eine Koordination der sportlichen oder rehabilitierenden Aktivitäten von Patienten mit Heilberuflern zu ermöglichen.
Durch die Nutzung einer integrierten Telematik-Infrastruktur, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht, können auch die umfassenden Vorgaben des Datenschutzes abgebildet werden. Die Persönlichkeitsrechte des Patienten und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung bleiben in jeder Situation gewahrt. Zusätzlich kann der Versicherte von ihm benannte vertrauenswürdige Partner an seinen Daten teilhaben lassen.
Durch eine integrierte Telematik-Infrastruktur kann die Betreuung der Versicherten um zusätzliche Dienste erweitert werden, die z. B. mittels Internet- Technologie direkt vom Versicherten zu Hause genutzt werden können. Diese zusätzlichen Dienste sind zum Beispiel Bonus-Programme, DMP-Unterstützung, Assistenten für Vorsorgeunterstützung und Betreuung chronisch Kranker sowie weitere Services.
2 Komponenten der Gesundheitsinfrastruktur
Die Komponenten der Telematik-Infrastruktur werden in diesem Artikel in einer Teilmenge betrachtet. Die Inter-ComponentWare AG (ICW), vgl. [5], entwickelt gemeinsam mit ihren Partnern offene, integrierte Infrastrukturkomponenten für das Gesundheitswesen. Das Produktportfolio bietet jedem Teilnehmer, wie Patient, Leistungserbringer und Versicherer, spezifische, auf den jeweiligen Bedarf optimierte Lösungen.
Komponenten zur Integration im Krankenhaus bzw. im Krankenhausverbund werden ebenfalls von der ICW angeboten, sind allerdings nicht Thema dieses Artikels.
2.1 Übersicht
Die integrativen Komponenten, welche die sichere Kommunikation zwischen den Teilnehmern im Gesundheitswesen arrangieren, bestehen im Wesentlichen aus dem Connector, der als Schnittstelle zwischen Primärsystem, Kartenterminals und netzbasierten Diensten agiert, den netzbasierten Diensten mit verschiedenen Funktionen, sowie der LifeSensor Gesundheitsakte mit Assistenten, wie z. B. Fitness, Ernährung oder Diabetes.
2.1.1 Der Connector
Die Connector-Implementierung der ICW, der Medical NTBA, vgl. Abb. 3, ist für Leistungserbringer und Versicherer der lokale Einstiegspunkt in das Gesundheitsnetzwerk. Er ist in der Lage, weitere Hardware (wie zum Beispiel PC, Kartenterminals, medizinische Geräte, Kiosksysteme, Internet-Router) und Software (wie zum Beispiel Praxisverwaltungssysteme (PVS)) des Leistungserbringers oder Versicherers in die Telematik-Infrastruktur einzubeziehen. Die gesundheitsnetzwerkbezogene Kommunikation aus dem Praxisnetzwerk wird über den Medical NTBA vollzogen. Die verschiedenen Systeme beim Heilberufler, wie etwa Kartenterminals oder Workstations, sind logisch über den Medical NTBA verbunden, vgl. Abb. 2. So können Primärapplikationen mit verschiedenen Kartenterminals zusammen arbeiten.
Über den Medical NTBA wird Zugriff auf die netzbasierten Dienste der Telematik-Infrastruktur gewährt, vgl. Kapitel 2.1.2, siehe Abbildung 2. Dies gewährt dem Leistungserbringer einen sicherheitszertifi zierten und datenschutzkonformen Zugriff auf für ihn zugängliche Daten in einem Gesundheitsnetzwerk. Auf diese Weise kann auch auf leistungserbringerspezifische, gesundheitsnetzbasierte, elektronische Patientenakten (ePAs) transparent zugegriffen werden. Dazu nutzt der Medical NTBA eine von der ICW offen gelegte Schnittstelle. Zur vereinfachten Anbindung des Medical NTBA an Primärsysteme wird ein Software Development Kit (SDK) bereitgestellt.
2.1.2 Netzbasierte Dienste
Die netzbasierten Dienste der Telematik Infrastruktur Lösung der ICW bestehen aus Anwendungen, welche als Anlaufpunkte für die Primärsysteme die Koordination zwischen Patienten, Leistungserbringern und Versicherern übernehmen.
Diese Dienste sind als offene Plattform konzipiert, so dass auch weitere Anbieter von freiwilligen Anwendungen die Plattform als Zugang zum Gesundheitsnetz nutzen können.
Datenschutz und Datensicherheit bleiben in mehrfacher Hinsicht gewährt, vgl. Abb. 4. Auf technischer Ebene sind die Komponenten in einem virtuellen privaten Netzwerk (VPN) hinter einer Firewall angesiedelt. Über der VPN-Schicht wird zusätzlich eine weitere Transportverschlüsslung basierend auf SSL vorgenommen.
Für Heilberufler und Patienten wird der Zugriff auf Grundlage von zertifikatbasierten Authentisierungs- und Autorisierungsmechanismen geregelt. Hierfür wird u. a. eine SSL-Client-Authentisierung gegenüber den Diensten durchgeführt. Diese basiert auf dem Authentisierungszertifikat des HBA oder der eGK.
Der Verordnungsdatendienst (eRezept-Server) speichert Rezepte symmetrisch verschlüsselt. Der symmetrische Schlüssel wird auf der eGK gehalten. Für Dritte, u. a. den Server-Administrator, ist kein Rückschluss vom Rezept auf den Patienten möglich.
Die angebotenen Dienste setzen sich aus den serverbasierten Applikationsteilen sowie weiteren Management- und Schnittstellenfunktionen zusammen. Die serverbasierten Applikationsteile sind z. B. Server für Pflichtanwendungen, wie Vertragsdaten und eRezepte, vgl. Abbildung 4. Diese werden über entsprechende Dienste in speziellen Datenbanken gespeichert und auf der eGK zum Teil in Replikation gehalten. Über die Gesundheitsakte kann der Patient seine administrativen Daten einsehen. Der Versicherer hat die Möglichkeit, über das integrierte CAMS die Vertragsdaten auf der eGK zu aktualisieren.
Neben diesen Diensten existieren Managementdienste zum Plattformmanagement, Verzeichnisdienste und ein Remote-Management-System, mittels dem die Medical NTBAs bei den Leistungserbringern u. a. mit Updates versorgt werden können.
Die Schnittstellenfunktionen erlauben z. B. eine Anbindung der LifeSensor Gesundheitsakte und weiterer Mehrwertanwendungen. Versicherungsanwendungen und Trust Center werden mittels Gateways an die Telematik-Infrastruktur angebunden.
Die Integration des von der ICW bereitgestellten Software Development Kit (SDK) in die Primärsysteme der Ärzte, Apotheker und Krankenhäuser bietet einen einfachen Zugriff auf die netzbasierten Dienste der Infrastrukturkomponenten der ICW. Das SDK umfasst eine objektorientierte Programmierschnittstelle (API), die von unterschiedlichen Programmiersprachen benutzt werden kann. Durch den Einsatz des SDKs erreicht der Primärsystemhersteller eine weitgehende Unabhängigkeit in Bezug auf Schnittstellenänderungen innerhalb der Telematik-Infrastruktur.
2.2 Gesundheitsakte LifeSensor
Die elektronische Gesundheitsakte LifeSensor ist für den gesundheitsbewussten Bürger der persönliche und interaktive Einstiegspunkt in die Gesundheitsinfrastruktur. Auf unterschiedlichste Bedürfnisse zugeschnitten, kann sie als lebensbegleitende Dokumentation der medizinischen Daten des Bürgers genutzt werden. So gesehen stellt sie das Primärsystem des Patienten dar, das mit den Dokumentationssystemen der Heilberufler kommunizieren kann. Durch LifeSensor wird die rasche Verfügbarkeit von Diagnose-, Therapie- und Verordnungsdaten ermöglicht, welche die Verbesserung der medizinischen Versorgung gewährleistet.
2.2.1 Sicherheit
Bei der Speicherung personenbezogener Daten müssen (gesetzliche) Vorgaben zu Datenschutz und Datensicherheit eingehalten werden. Die Sicherheitsmechanismen von LifeSensor sind von der Datenschutz Nord GmbH mit dem ips-Datenschutz- Zertifikat ausgezeichnet. Der Besitzer der LifeSensor Gesundheitsakte kann Leistungserbringer und Dritte zur Nutzung seiner Akte autorisieren und differenziert Lese- und Schreibrechte vergeben. Um diese Vergabe von Zugriffsberechtigungen für den Besitzer der Gesundheitsakte zu vereinfachen, kann er einen Bevollmächtigten (Gesundheitscoach) bestimmen, der Zugriffsautorisierungen vergibt. Dementsprechend birgt die Gesundheitsakte die Chance, ein Hausarzt- und Hausapotheke-Modell zu unterstützen. Zur Sicherheit wird bei jeder Änderung der Zugriffsautorisierung ein Änderungsprotokoll erstellt. Dieses Protokoll kann vom Besitzer der Gesundheitsakte eingesehen werden.
Die Daten in der Gesundheitsakte Life-Sensor sind in verschiedenen Datenbanken verteilt und werden ausschließlich bei Zugriff eines Systems verknüpft. Verteilt über die Architektur kommen verschiedene symmetrische und asymmetrische Verschlüsselungsverfahren zur Anwendung: Der asymmetrische Schlüssel besteht aus einem öffentlichen und einem privaten Schlüssel. Der private Schlüssel ist mit einem Passwort zusätzlich geschützt. Mittels des öffentlichen Schlüssels wird der symmetrische Schlüssel verschlüsselt, um ausschließlich dem Besitzer der Akte den Zugriff auf seine Daten zu ermöglichen. Mit dem frei verfügbaren, öffentlichen Schlüssel kann ein sicherer, verschlüsselter Datenaustausch erfolgen.
2.2.2 LifeSensor Module
Die LifeSensor Gesundheitsakte besteht aus verschiedenen Modulen, welche in administrative Daten, medizinische Basisdaten und krankheits- oder lebenssitua-tionsspezifische Assistenten (z. B. Diabetes oder Fitness) unterschieden werden.
Im administrativen Teil der LifeSensor Gesundheitsakte kann der Benutzer seine Adressdaten und die Adressen von Leistungserbringern speichern, u. a. auch abrechnungstechnische Daten. Zusätzlich kann der Patient auf Verfügungen referenzieren, wie z. B. Organspenderegelung oder Patientenverfügungen.
Medizinisch relevante Daten sind der Hauptfokus der LifeSensor Gesundheitsakte. Der Besitzer kann jederzeit transparent auf seine Daten zugreifen und wird bei der Aufnahme, der Speicherung und der Verwaltung/Historie der Daten unterstützt. Neben den Daten, die der Benutzer selbst erheben kann, wird ein Großteil der Daten als Kopie der Daten aus den Primärsystemen von Leistungserbringern in LifeSensor geführt.
Als klinische Basisdaten werden in Anlehnung an ISO 21549 eine Menge von grundsätzlichen Gesundheitsinformationen (z. B. Impfungen, Allergien) und eine Gesundheitshistorie (z. B. Implantate, Behandlungen und Medikationen) angelegt. Heilberufler können, mit entsprechender Berechtigung versehen, diese Daten aktualisieren.
Die automatische Übertragung von medizinischen Daten aus zertifizierten Geräten, zu Hause als auch beim Leistungserbringer, erleichtert dem Besitzer der Akte die Verwaltung und graphische Aufbereitung seiner Daten. Dies erschließt dem Benutzer ein neues, tieferes Verständnis seines Gesundheitszustands.
Medizinische Daten, welche in Papierform vorliegen, können mittels Fax-Zugang als Dokumente mit in die LifeSensor Gesundheitsakte aufgenommen werden. So ist auch die Aufnahme von bereits existierenden Dokumenten, wie z.B. Arztbriefen, in die Gesundheitsakte gewährleistet.
Die Dokumentation von Arzneimitteln ist vollständig integriert. Der Besitzer ist dadurch jederzeit über seine Medikationshistorie und aktuelle Medikationen im Bilde. Dem behandelnden Arzt oder betreuenden Apotheker erleichtert eine Arzneimitteldokumentation den Wechselwirkungs- und Kontraindikationscheck. In dem Modul kann sowohl die Akut- und Bedarfsmedikation als auch die Medikamentenhistorie gespeichert werden.
Die LifeSensor Gesundheitsakte verfügt mit der LifeSensor Web-API über eine leistungsfähige Schnittstelle, die es Dienstleistern im Gesundheitsbereich ermöglicht, eigene Applikationen und Geräte an die LifeSensor Gesundheitsakte zu koppeln. So kann die Anbindung von Praxisverwaltungssystemen oder Krankenhausinformationssystemen realisiert werden. Die Web-API ist ein auf XML- basierendes Anfrage-Antwort Protokoll, welches an ein SSL-verschlüsseltes http-Protokoll gebunden ist. Die ausgetauschten Nachrichten sind XML-Dokumente, mit denen Inhalte in der LifeSensor Plattform erzeugt oder von ihr versendet werden. Über diese Nachrichten werden zudem auch die Authentizität als auch die Autorisierung des Anfragenden geprüft.
2.2.3 Neue Versorgungsformen (IV und DMP)
Die Web-basierte Gesundheitsakte stellt für den Patienten den zentralen, elektronischen Speicherplatz seiner relevanten Gesundheitsdaten dar. Über die auf der eGK gespeicherten Daten hinaus werden dort auch fallbasierte und fallübergreifende Informationen abgelegt. Dies bildet die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung neuer Versorgungsformen, wie Integrierte Versorgung oder Disease Management Programme.
Der reine Datenaustausch zwischen den einzelnen Heilberuflern und Kliniken ist eine Vorraussetzung, aber allein nicht ausreichend zur Abbildung der neuen Strukturen. Zum Austausch von Daten müssen komplexe, patientenzentrierte Workflows, welche klinische und nichtklinische Akteure beinhalten, aufgebaut werden. Die Orchestrierung muss leitliniengerecht unabhängig von einzelnen Akteuren des Behandlungspfades durchgeführt werden. Ziel ist es hierbei, die relevanten Informationen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort innerhalb des Behandlungspfades zur Verfügung zu stellen. Dies beinhaltet die Zusammenführung von Daten aus sowohl dem stationären als auch ambulanten Sektor in einer sektorübergreifenden Gesundheitsakte, wie LifeSensor.
So erlaubt die Anbindung von LifeSensor an andere Informationssysteme, wie beispielsweise an ein Onkologie-Dokumentationssystem wie ODSeasy 6, vgl. [1], den sicheren, sektorenübergreifenden Austausch von behandlungsrelevanten Dokumenten zwischen den Leistungserbringern unter Einbeziehung des Patienten. Mit dem DMP Modul ist es den niedergelassenen, betreuenden Ärzten von chronisch kranken Patienten möglich, über LifeSensor am Behandlungsprozess zwischen Klinik und Patient teilzunehmen.
Ein Case- oder DMP-Monitoring ist möglich für Diabetes, vgl. [8], Brustkrebs (Mammakarzinom), Asthma und kardiovaskuläre Erkrankungen.
Die in LifeSensor abgebildete Brustkrebs Erst- und Folge-Dokumentation, vgl. [7], basiert auf den Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Dokumentation von DMP. Das Brustkrebsmodul bietet eine XML-Schnittstelle zur generellen DMP-Dokumentation unter Einbeziehung des DMP-Prüfmoduls. Sie erfüllt die Dokumentationspflicht, welche im Rahmen der DMP angeordnet ist.
2.3 Assistenten im LifeSensor
Diverse Assistenten helfen dem Besitzer des LifeSensor bei seiner Gesundheitsfürsorge. Die Inhalte der einzelnen Assistenten orientieren sich dabei an lebenssituationsspezifischen Szenarien des Patienten. So können Präventionsmaßnahmen, wie sportliche Aktivitäten oder Ernährung für Diabetiker, gezielt verfolgt und mit Hilfe von elektronischen Experten geschult werden. In LifeSensor sind u. a. Assistenten für Mutterschaft, Diabetes, Brustkrebs, Fitness und Ernährung integriert. Ergänzt werden die Assistenten durch allgemeine Funktionen, wie Erinnerungsfunktionen, welche z. B. Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen anmahnen.
Typischerweise ist die Nutzung von Vorsorge-Assistenten dreistufig, vgl. Abb. 5: Eine erste Stufe dokumentiert die klinischen Basisdaten und die fallbasierten Daten des Aktenbesitzers (assistentenspezifische Anamnese). Eine zweite Stufe dient der Zusammenstellung eines individuellen Assistenzprogramms, eine dritte Stufe dient der Erfassung und Bewertung von fallbasierten Daten.
Der Aufbau eines Vorsorge-Assistenten ist in Abb. 5 und Abb. 6 skizziert sowie in Abb. 7 zeitlich-funktional repräsentiert. Der Assistent gibt auf Basis der persönlichen Konstitution des Benutzers Programmalternativen vor, welche zur Erreichung von persönlichen Zielen dienen und in Absprache mit dem Therapeuten festgelegt werden. Die jeweiligen programmspezifischen Daten des Benutzers werden in einem Tagebuch gesammelt und übersichtlich durch eine Reporting-Komponente aufbereitet. Der Benutzer kann sich jederzeit umfassend über medizinische und assistenzspezifische Fragen in der dem Assistenten angegliederten Bibliothek informieren. Je nach Auswirkung der Programme auf die persönliche Konstitution des Benutzers werden die Programme im Verlauf der Anwendung angepasst.
Jeder Assistent kann mehrere spezifische Programme enthalten, vgl. Abb. 6, welche vom Therapeuten 7 zum Benutzer oder zu einem Team von Benutzern zugeordnet werden kann. Die Teamfunktion erleichtert sowohl dem Therapeuten als auch dem Patienten 8 die Umsetzung des Programms: Für den Patienten ist die gegenseitige Unterstützung von Therapieplänen 9, z. B. durch die Möglichkeit des Vergleichs mit Begleitern des gleichen Teams, eine zusätzliche Motivation. Dem Therapeuten erleichtert die Teamfunktion die Betreuung von Patienten mit gleichen bzw. ähnlichen Therapiezielen. Neben der Programmzuordnung durch Therapeuten kann der Benutzer sich auch selbst ein Programm zuordnen. Wie für das Teamprogramm gilt, dass der Benutzer jederzeit umfangreiche Funktionen zur Auswertung seines Programms benutzen kann.
Die Assistenten des jeweiligen Benutzers sind untereinander vernetzt, so dass z.B. Aktivitäten, dokumentiert im Fitness- Assistenten, automatisch in den Ernährungs- Assistenten integriert werden.
2.3.1 Fitness-Assistent
Fitness und Training sind wesentliche Bestandteile einer gesunden Lebensweise. Der LifeSensor Fitness-Assistent bietet die Möglichkeit, die persönliche Leistungsfähigkeit in integrierter Zusammenarbeit mit Fitnessstudio und Ärzten zu steigern. Neben organisatorischen Hilfen wie Trainingsplänen und Trainingsbewertungen stehen technische Hilfen, wie z. B. die Übertragung von Trainingsdaten vom Trainingsgerät in die LifeSensor-Akte (Herzfrequenz, Gewicht, Körperfett, etc.) als Erleichterung des Fitnessalltags bereit, vgl. [6].
Der Fitness-Assistent wird in die drei Bereiche Basisdaten, Fitness- und Trainingsplan sowie Training unterschieden.
Der erste Bereich dient der Pfl ege der grundlegenden Daten des Benutzers. Diese Daten sind der Ausgangspunkt zur Zieldefinition und damit zur Trainingsplangestaltung des Benutzers.
- Ziele und Motive werden in medizinischen überprüfbaren Werten festgelegt
- Die im LifeSensor enthaltenen Basisdaten geben einen Rahmen zur Erstellung von Trainingsplänen vor. Die persönliche Konstitution sowie eventuelle Beeinträchtigungen eines Patienten sind vorab bekannt und werden automatisch berücksichtigt. Eine angepasste Dokumentationsmöglichkeit für Fitness-Anamnese bietet zusätzliche Sicherheit bei der Trainingsplanerstellung
Die in diesem Bereich eingegebenen Daten dienen der Erstellung eines individuellen Trainingsplans, der überprüfbare Ergebnisse beinhaltet. Dieser Trainingsplan wird im zweiten Bereich erstellt.
- Trainingspläne können sowohl von einem Trainer, Heilberufl er, Benutzer oder durch den Fitness-Assistenten generiert werden
- Durch eine Gruppenfunktion kann der Trainingsplan mit den Plänen anderer Patienten verknüpft werden, so dass ein Vergleich mit realen oder virtuellen Trainingspartnern einfach möglich ist
Bei der Erstellung des Trainingsplans kann jederzeit auf umfangreiche medizinische und sportliche Dokumentation zurückgegriffen werden.
Der dritte Bereich dient der Pflege der Trainingsdaten des Benutzers.
- Ein Trainingstagebuch dient der Dokumentation des Trainingsaufwands. Der individuelle Trainingsplan gibt Richtwerte vor, die von dem Anwender protokolliert werden
- Der Anwender hat über sein Trainingsverhalten jederzeit eine visuelle Kontrolle: Sowohl Trainingshäufigkeit, Trainingsintensität als auch Trainingsplanerfüllung können eingesehen werden
- Behandelnde Ärzte oder betreuende Fitnesstrainer haben die Möglichkeit, redigierend und optimierend in den Trainingsprozess einzugreifen
- Verschiedenste Geräte (z. B. Polar 10 Uhren) sind in den LifeSensor integriert und können über die jeweiligen Schnittstellen automatisch Trainingsdaten in den LifeSensor einspeisen
- Medizinische Testergebnisse können zur Fortschritts- oder Erfolgskontrolle visuell dokumentiert werden
Zusätzlich kann der Benutzer auf eine umfangreiche Bibliothek mit Erklärungen und Ratschlägen rund um das Thema Fitness zurückgreifen.
2.3.2 Ernährungs-Assistent
Als Basis der Gesundheit ist die Ernährung eines der komplexesten Themen für den Patienten überhaupt. Die Komplexität des Themas findet sich neben allgemeiner, gesunder Ernährung und spezialisierten Varianten, wie Ernährung bei Diabetes-Patienten, in der puren Menge der möglichen Nahrungsmittel und möglichen Zusammenstellungen von Ernährungsplänen. Um diese Komplexität für den Patienten und den Arzt handhabbar zu gestalten, werden im LifeSensor Ernährungs-Assistenten drei Bereiche unterschieden.
Neben einer ernährungsspezifischen Anamnese werden im ersten Bereich ernährungsspezifische, medizinische Ziele für Patienten defi niert. Diese Ziele sind in erster Linie medizinische Ziele, die über minimale und maximale körperbezogene Werte des Benutzers, wie Gewicht, systolischer Blutdruck, Glukoseanteil im Urin, u.v.m. definiert werden.
Der zweite Bereich dient dem Therapeuten zur Zuordnung von Diätprogrammen zu Gruppen von Patienten oder Einzelpatienten. Hier können Ziele für den Patienten und entsprechende Ernährungspläne, bis hin zur Defi nition von einzelnen Mahlzeiten, aufgestellt und individuell den Anforderungen des einzelnen Patienten angepasst werden.
Der dritte Bereich ist dem Eintrag von Daten des Patienten gewidmet. Grundsätzliche Werte des Benutzers werden hier aufgenommen, wie Gewicht, Body-Mass Index (BMI), Fettanteil am Gewicht.
Über die Komponenten des Diätprogramms werden im Ernährungs-Tagebuch dem Patienten Hilfestellungen bei der Auswahl von gesunden Lebensmitteln zur Erreichung der Ziele gegeben. Hierdurch wird der Patient gleichzeitig langfristig geschult, gesunde von nicht gesunden Lebensmitteln zu unterscheiden.
Der zeitliche Ablauf der Nahrungsaufnahme sowie eine Analyse hinsichtlich der Einhaltung der Ziele kann vom Benutzer jederzeit angefordert werden. Dieses wird graphisch aufbereitet und dargestellt. Wie in einem persönlichen Tagebuch kann der Benutzer die Historie seiner Mahlzeiten und die Konsequenzen für seine Ziele einsehen.
2.4 Zusammenfassung
Die vorgestellten Komponenten ermöglichen eine patientenzentrierte, evidenzbasierte Versorgung. Mit der elektronischen Gesundheitsakte LifeSensor als Daten-Drehscheibe, die die wesentlichen Informationen integriert, organisiert und verteilt, entsteht ein integratives Element innerhalb des kompletten Behandlungsablaufs. Als Zugangspunkt der Leistungserbringer ermöglicht LifeSensor die Einsicht in die klinische Vorgeschichte des Patienten als auch die elektronische Verteilung von Befunden, Arztbriefen und diagnostischen Daten. LifeSensor empfi ehlt sich damit als Primärsystem des Patienten und kann auch in den Wor kfl ow (Behandlungsfluss) von Ärzten eingebunden werden. Der Arzt kann sich an dieser Stelle auf seine eigenen Primärsysteme konzentrieren und den Austausch mit Kollegen über das Primärsystem des Patienten erledigen.
3 Fallbeispiele
Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sowie die verschiedenen Infrastrukturdienste, die zum Betrieb eines Gesundheitsnetzes notwendig sind, müssen ihre Eignung für das medizinische Umfeld in Feldtests unter Beweis stellen. Die in diesem Artikel vorgestellten Komponenten der ICW sind beim Leistungserbringer bzw. Patienten‚ vor Ort im produktiven Einsatz und werden im Rahmen des dadurch gegebenen Feedbacks ständig optimiert.
Die Einführung von Komponenten in der Gesundheitsinfrastruktur soll an zwei Beispielen diskutiert werden. Das erste Beispiel beschäftigt sich mit der Einführung der Telematik-Infrastruktur und der elektronischen Gesundheitsakte LifeSensor in einem Praxisnetzwerk sowie dem Nutzen bei DMP-Programmen. Das zweite Beispiel erläutert die Arbeit mit Assistenten des LifeSensor. Aus den zwei Beispielen lässt sich eine Vernetzung aller Sektoren des Gesundheitswesens, eine Integrierte Versorgung (IV), abbilden, vgl. Abb. 8.
3.1 Praxisnetz
Die Komponenten der ICW, in Praxisnetzen eingesetzt, integrieren die Kommunikation im Verbund zwischen Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten, Apotheken, Pfl egediensten und Therapeuten, vgl. [2], [3]. An dieser Stelle ist ein Zugang, vgl. Kapitel 2.1.1, zu einer netzbasierten Infrastruktur, wie diskutiert in Kapitel 2.1.2, sowie eine patientenbasierte, elektronische Gesundheitsakte wie LifeSensor, vgl. Kapitel 2.2, von besonderer Bedeutung. Nur in einem solchen integrierten Netzwerk kann die Kommunikation zwischen den verschiedenen beteiligten Parteien im Praxisnetzwerk reibungslos funktionieren und den erwarteten Nutzen in Form von Verbesserung medizinischer Leistungen, verbesserter Kommunikation und verringerten Kosten erreicht werden.
3.1.1 Risiken
Typischerweise ist der Einsatz von integrativer Software in Praxisnetzen vor allem ein organisatorisches Problem. Die verschiedenen Endgeräte in der Praxis müssen entweder erst angeschafft oder auf Kompatibilität mit der Praxisnetzwerk-Infrastruktur überprüft werden.
- Im Hinblick auf Anschaffungen können vordefi nierte Checklisten genutzt werden. Diese sehen z. B. Netzwerkanschlüsse und VPN 11 -fähige Netzwerkhardware genauso vor wie entsprechende Rechner und b4h -kompatible Connectoren für die Nutzung der Telematik-Infrastruktur.
- Kompatibilitätsprobleme können im Einzelfall zu kurzfristigen Verzögerungen beim Anschluss an das Praxisnetzwerk führen, welche sich i. A. jedoch ausschließlich auf die Einführung der Komponenten bezieht.
Die in diesem Beitrag vorgestellten Komponenten, vgl. Kapitel 2.1.2 und Abbildung 4, sind auf Flexibilität in zwei Richtungen ausgelegt: Die Komponenten sind einfach erweiterbar, um zusätzliche Geräte in der Praxis ansprechen zu können. Zusätzlich verfügen sie über ein SDK und Schnittstellen, um Primärsysteme anpassen zu können.
Typischerweise ist in der Praxis die Schulung der Praxismitarbeiter bezüglich der neuen Funktionalitäten und Prozesse ein Erfolgsfaktor für die reibungslose Einbindung der Praxis in das Praxisnetzwerk und die damit verbundene Gesundheitsinfrastruktur. Entsprechende Unterlagen sollten frühzeitig und umfassend bereitgestellt werden. Neben den Schulungsunterlagen ist die zeitnahe Schulung in praxisnahen Seminaren ein weiterer Erfolgsfaktor.
3.1.2 Chancen
Ein Vorteil der integrierten Kommunikation über Institutionsgrenzen ist die besonders einfache Mitteilungsmöglichkeit von Informationen, welche typischerweise keinen Eingang auf den Überweisungsschein fi nden. Gerade fallspezifi sche Anmerkungen des behandelnden Arztes sind von besonderer Bedeutung für den nachbehandelnden Arzt und verbessern die Qualität der Behandlung enorm, vgl. [10].
Als weiterer großer Vorteil stellt sich dabei immer wieder die Nachverfolgung durch Fachärzte oder Klinikärzte von Weiterbehandlungen beim niedergelassenen Arzt heraus. Da die endgültige Genesung des Patienten oftmals nicht mehr in dem Wirkungskreis des Facharztes erfolgt, ist dieser besonders auf die zusätzliche Information durch elektronische Gesundheitsakten angewiesen, um die Fälle nicht nur medizinisch sondern auch persönlich abzuschließen. Dies bedingt eine intensivierte Sicht auf den Fall, die sich positiv auf den Umgang zwischen Patient und Facharzt auswirkt.
Neben diesen „weichen“ Faktoren der Integration ist die Workflow-Optimierung zwischen niedergelassenem Arzt und Klinik ein wichtiger Faktor zur Kosteneinsparung und medizinischen Aufwertung der Behandlung. Die Anwendung der Integration im DMP optimiert die Möglichkeiten von niedergelassenen Ärzten, sich in die entsprechenden Programme einzubringen, vgl. [4].
Die Auswirkungen des Einsatzes von Assistenten in der eGA sind für die Therapie des niedergelassenen Arztes sehr positiv zu bewerten. Patienten intensivieren die Kommunikation mit dem Arzt, ohne den begrenzten Zeitrahmen des Arztes zu sprengen. Die Intensivierung der Arzt-Patienten- Bindung wirkt sich positiv auf die Qualität der medizinischen Betreuung im Gesundheitswesen aus.
3.2 Assistenten
Der Einsatz von Assistenten im LifeSensor geschieht typischerweise im Rahmen einer therapieunterstützenden Maßnahme mit der LifeSensor Gesundheitsakte als Kommunikations- und Datenhaltungspunkt. Im Bereich Fitness werden z. B. Fitnessketten mit dem Life-Sensor ausgestattet, um die Betreuung der Endkunden zu verbessern. Gerade im Bereich der Outdoor-Sportarten kann die Betreuung typischerweise über eine mobile Anbindung an den LifeSensor, z. B. über das Mobiltelefon, erfolgen. Neben der umfassenden Betreuung ist die automatische Aufnahme und Visualisierung von Fitnessdaten eine besondere Erleichterung für Sportler und ihre Betreuer. Diese Erleichterung findet sich auch im Bereich Ernährung: Durch die Hilfe zur Auswahl von gesunden Nahrungsmitteln können Fehler in der Ernährung konsequent vermieden werden. Die Dokumentation der Ernährung, wegen der Vielfalt der verschiedenen Nahrungsmittel besonders fehlerträchtig, kann mit dem Ernährungs-Assistenten wesentlich vereinfacht werden. Dies führt dazu, dass z. B. im Ambulanz- und im Servicebereich, d. h. im Bereich häufi g wechselnder Kundschaft mit geringen Eingewöhnungsphasen auf die Betreuung, die Assistenten besonders erfolgreich eingesetzt werden.
Bei der Verwendung von Assistenten ist die Einbindung in feste Strukturen wie Fitnessstudio oder Ernährungsambulanz wichtig. Ohne diese Strukturen kann die Feststellung von Laborwerten für den einzelnen Benutzer mit erhöhtem Aufwand verbunden sein.
Für das Erfassen der medizinischen Werte einer assistentenspezifischen Anamnese ist das hinzuziehen eines Therapeuten empfehlenswert.
4 Konsequenz für die Einführung der eGK
Die erfolgreiche Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sowie der entsprechenden Telematik-Infrastruktur ist von verschiedenen Faktoren technischer und organisatorischer Natur abhängig. Vorraussetzungen zur Einführung der eGK sind z. B. Connectoren für Praxissysteme, Infrastruktur-Anpassungen an Primärsystemen und eine einfach erreichbare und trotzdem sichere Infrastruktur für Pfl ichtanwendungen und freiwillige Anwendungen.
Die in diesem Artikel beschriebenen Komponenten der ICW, der Connector Medical NTBA, die netzbasierten Infrastrukturkomponenten, die Krankenhaus- und Praxisintegration sowie die Gesundheitsakte LifeSensor mit ihren Assistenten stehen bereits im produktiven Einsatz und integrieren verschiedenste Partner im Gesundheitswesen. Diese Testfälle der Telematik-Infrastruktur im Gesundheitswesen identifi zieren vor allem die organisatorische und technische Flexibilität der Komponenten als ausschlaggebenden Erfolgsfaktor. Die Komponenten dienen als Basis einer funktionierenden Telematik-Infrastruktur und müssen kompatibel zur heterogenen Systemwelt des Gesundheitswesens sein. Die kooperative Natur der Komponenten kann als zwingende Voraussetzung für erfolgreiche Systeme im Gesundheitswesen angesehen werden – nur durch Integration in (statt durch Austausch von) bestehende Systemlandschaften kann die Einführung der eGK gelingen.
Besondere Berücksichtigung muss dabei die Ausrichtung der Softwareintegration an den Zielen der jeweiligen Beteiligten im Gesundheitswesen finden – erst über den Nutzen für den einzelnen Beteiligten, sei es das Krankenhaus, die Krankenhauskette, der niedergelassene Arzt oder der Patient, kann der erstrebte Mehrwert für die gesamte Gesundheitsinfrastruktur erreicht werden.
Die Fallbeispiele haben gezeigt, dass regionale Projekte zur Einführung der Telematik-Infrastruktur immer dann besonders erfolgreich sind, wenn neben den im GMG gesetzlich vorgeschriebenen Pfl ichtanwendungen auch die freiwilligen Anwendungen zu einem Großteil von Anfang an realisiert sind. So kommt der LifeSensor Gesundheitsakte in den verschiedenen Fallbeispielen jeweils eine tragende Bedeutung zu, da in ihr schon heute die freiwilligen Anwendungen, vgl. Kapitel 2.2, realisiert sind.
Die Beteiligten im Gesundheitswesen erwarten typischerweise eine Arbeitserleichterung durch den Einsatz der integrierenden Systeme. Diese Arbeitserleichterung sollte schon bei der Einführung der Systeme spürbar sein, da sonst die Akzeptanz des Gesamtvorhabens sehr schnell in Gefahr gerät.
Der Sicherheitsaspekt im Bezug auf personenbezogene Gesundheitsdaten ist ein Akzeptanzkriterium, welches in den Fallbeispielen nur durch in der Anwendung der Systeme entstandenes Vertrauen erreicht werden konnte. An dieser Stelle sind Maßnahmen wie die Zertifizierung von Software und das unbedingte Einhalten von Datenschutzkriterien ein wichtiger Faktor für den Erfolg, und damit auch für die Einführung der eGK.
5 Ausblick
In Deutschland sind verschiedene IT-Großprojekte jüngerer Zeit in die Schlagzeilen geraten. Diese Projekte krankten zum Teil an zu engen Zeitfenstern und der Ersetzung vorhandener Systemkomponenten durch völlig neu entwickelte Systemkomponenten. Die Fallbeispiele dieses Artikels zeigen, dass eine Integration von vorhandenen Systemkomponenten rascher und unkomplizierter zum Ziel führt. Wichtig ist an dieser Stelle der frühzeitige Test, z. B. durch Test- und Modellregionen, der Komponenten vor Ort beim Kunden, im Fall der elektronischen Gesundheitskarte eGK und der Telematik-Infrastruktur also bei den Partnern im Gesundheitswesen.
Der Erfolg der Telematik-Infrastruktur ist abhängig von der Flexibilität von Primärsystemen und der Kompatibilität der Infrastrukturkomponenten. Über diese Faktoren kann die Integration über IT-Dienstleister, Produkte und Institutionsgrenzen hinweg gelingen.
Werden die in diesem Artikel benannten Anregungen befolgt, kann sich die Einführung der eGK in Deutschland zum Exportschlager entwickeln. EGK und Telematik-Infrastruktur aus Deutschland sind – nach Anpassung an administrative Vorgaben – auch im Ausland einsetzbar. Wiederum haben hier komponentenbasierte Lösungen Vorteile bei der Anpassung an ausländische Lösungen, da auch im Ausland die Integration über Produkte und Institutionen als Ziel der Telematik im Gesundheitswesen ansteht.
Literatur
- 1 Asthenis: http://www.asthenis.de.
- 2 Elektronische Gesundheitsakte: Leverkusener Arztnetz setzt auf digitalen Datenaustausch. In Portal der Wirtschaft, 05.2005.
- 3 Elektronische Gesundheitskarte: Vom Testlabor zur Testregion. In heise online, 12.05.2005.
- 4 Grätzel von Grätz, Philipp, Mit Online- Gesundheitsakten werden Patienten in DMP gelenkt. In Ärzte Zeitung, 22.04.2003.
- 5 InterComponentWare AG: http://www.icw-global.com.
- 6 Individuelle Fitness-Betreuung per Internet. In http://Fit1-management.de, 18.05.2005.
- 7 LifeSensor: Die innovative Telematiklösung für ein modernes Gesundheitswesen. In: Achim Jäckel (Hrsg.) Telemedizinführer Deutschland 2005, S.326.
- 8 LifeSensor: Diabetes-Betreuung per Internet. In Management und Krankenhaus. Sonderausgabe Diabetes, 05.2005.
- 9 Sauer, Stefan, Neue Krankenkarten für das Volk. In Kölner Stadt-Anzeiger, 17.05.2005.
- 10 Strotbek, Johannes und Schlaudt, Hans-Peter, Sprung über die Sektorengrenze – Wichtige Informationen gehen verloren. In Studie zur sektorenübergreifenden Kommunikation, Deutsches Ärzteblatt, 15.04.2005.
Fußnoten
- 1 Vgl. http://www.bmgs.bund.de/.
- 2 Zur Unterstützung des Projekts »Elektronische Gesundheitskarte« wurde vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung ein Projektkonsortium bestehend aus den Firmen IBM Deutschland GmbH, dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO), der SAP Deutschland AG & Co KG, der InterComponentWare AG (ICW) und der ORGA Kartensysteme GmbH beauftragt.
- 3 Rahmenarchitektur, einzusehen unter http://www.dimdi.de/ .
- 4 CAMS: Card Application Management System.
- 5 Der bIT4health Connector definiert eine Möglichkeit, wie Arztpraxen, Apotheken und Kliniken sicher an eine mit Datenservern und Diensten ausgestattete Telematik Infrastruktur angebunden werden können. Er ist quasi der medizinische Netzabschlußadapter der Gesundheitsinfrastruktur.
- 6 Asthenis ODSeasy ist ein onkologisches Dokumentationssystem.
- 7 Therapeut: Je nach Assistent kann der Therapeut ein Arzt, Physiotherapeut, Personal Trainer, Fitnesstrainer etc. sein.
- 8 Der Patient bzw. Benutzer kann, je nach Assistent, ganz unterschiedliche Ausprägungen besitzen. Im Fitness-Assistenten kann es z.B. ein Leistungssportler sein, im Ernährungs-Assistenten ein Diabetiker.
- 9 Ein Programm bzw. Therapieplan kann je nach Assistent sehr unterschiedlich sein. So ist der Therapieplan im Fitness-Assistent typischerweise ein Trainingsplan, im Ernährungs-Assistenten typischerweise eine Diät.
- 10 Polar Herzfrequenz-Messuhren der S-Serie, http://www.polar-deutschland.de/.
- 11 VPN: Virtual Privat Network.
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel: | Instrumente einer Telematik-Infrastruktur im Gesundheitswesen | Artikel ist erschienen in: | Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2006
| Kontakt/Autor(en): | Dr. Norbert Braun InterComponentWare AG Otto-Hahn-Straße 3 69190 Walldorf Deutschland Tel.: 0 62 27/ 3 85-213
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