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Akzeptanz ist die notwendige Voraussetzung für einen Erfolg der Gesundheitskarte

Otto Rienhoff, Janko Verhey, Abt. Medizinische Informatik, Georg-August-Universität Göttingen

Ausgehend von einer kurzen Betrachtung der Entwicklung des Nutzergedankens in der Angewandten Informatik wird postuliert, dass die Gesundheitskarte nur dann Erfolg haben kann, wenn sie in breiten Kreisen der Bevölkerung und vor allem bei den Heilberufen nicht nur akzeptiert, sondern als positiver Beitrag für das eigene Dasein empfunden wird. Gegenwärtig ist im Lande trotz vielfältiger Aktivitäten auf der Projektebene der Eindruck entstanden, dass die Gesundheitskarte für einen administrativen Reorganisationsprozess steht, der für Bürger und Heilberufe nur eine begrenzte Bedeutung hat. Es gilt in den kommenden Monaten und Jahren, diese unglückliche und falsche Wahrnehmung zu korrigieren. Hierzu wäre es wichtig, dass neben den administrativen und technischen Aspekten, zu denen auch das elektronische Rezept gerechnet wird, unbedingt einige wenige Leuchtturmprojekte mit medizinischen Anwendungen so früh wie möglich und mit allem Respekt vor den komplizierten datenschutzrechtlichen Fragen verwirklicht werden.

Bedeutung der Akzeptanz

Mitte der 60er Jahre wurde bei der Einführung der ersten vernetzten Großsysteme im Bereich der strategischen Luftverteidigung der USA und der Wetterbeobachtung festgestellt, dass komplexe Systeme sich ohne hohe Akzeptanz bei den Nutzern nicht realisieren lassen. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass viele der vernetzten Systeme die aktive positive Unterstützung ihrer Nutzer benötigen. Dies bedeutet nicht nur, dass bei Nichtunterstützung Schwierigkeiten auftreten, sondern auch, dass eine Vielzahl dieser Nutzer durch den Entzug von Unterstützung komplexe vernetzte Systeme zum Scheitern bringen können. Es dauerte etwa zehn Jahre, bis in den 70er Jahren diese Erkenntnisse aus der Verteidigung und der Meterologie in der Medizinischen Informatik erörtert wurden (1).

Anlass war die modellhafte Einführung des Krankenhausinformationssystems am El-Camino-Hospital in Kalifornien. Dieses Projekt wurde zu einem Vorzeigeprojekt für die frühe Beteiligung der Nutzer bei der Systementwicklung und Installation. Weltweit entstand eine erste Welle von nutzer-orientierten Systemen und eine Vielzahl von Veröffentlichungen wurde der Materie gewidmet. In den nachfolgenden Jahren verdämmerte diese Nutzerorientierung ein wenig, da viele Projekte durch die immer leistungsstärker werdenden kleinen Rechner primär technologie- geplant und -gemanagt wurden. Erst die Spannungen, die diese Technologieorientierung hervorrief, führten in der zweiten Hälfte der 90er Jahre – vor allem in den USA – zu einer Neuentdeckung des Themas Benutzerorientierung. Die erneute Fokussierung auf das Thema wurde unterstützt durch das Platzen der Internetblase. Die Lehre der letzten 40 Jahre lautet demnach: Absolute Nutzerorientierung ist notwendig, um bei komplexen vernetzten Systemen Erfolge einfahren zu können.

Was heißt Nutzerorientierung?

Kernpunkt der Nutzerorientierung ist die Identifikation aller relevanter Zielgruppen und ihrer Bedürfnisse im Hinblick auf die vorgesehene Anwendung. Es hat sich dabei herausgestellt, dass gerade randständige Gruppen mit speziellen Anforderungen einem speziellen Risikomanagement zuzuführen sind. Die Begründung dafür ist die Tatsache, dass einzelne dieser Randprobleme sehr wohl den Charakter von Stolpersteinen für Projektentwicklungen gewinnen können, wenn sie nicht rechtzeitig beachtet werden. Konsequenterweise ist deshalb zum Beispiel im Beirat des Projektes bIT4health der Bundesregierung auch eine Liste offener Posten geführt worden, in der solche kritischen Vorgänge gesammelt und einer Bearbeitung zugeführt werden konnten.

Wichtig ist auch, dass tabuisierte Themen, wie finanzielle oder soziale Vorteile sowie soziale Rollenänderungen, offen adressiert werden, da sie häufig stille Motivatoren für ansonsten intransparentes Nutzerverhalten darstellen. Die Vorteile der vorgesehenen Systeme müssen für die entsprechenden Nutzergruppen klar und einfach ersichtlich sein. Dies ist gerade bei komplexen Themen wie vernetzten Medizinanwendungen oder Sicherheitsinfrastrukturen nur sehr schwierig zu erzielen. Dabei bedarf das Risikomanagement im Hinblick auf mögliche Sabotagemechanismen durch einzelne Gruppen, die sich durch den Systemwandel bedroht fühlen, besonderer Aufmerksamkeit.

Das Spektrum der Nutzer ist in Abbildung 1 auszugsweise wiedergegeben und ist bei dem Großprojekt bIT4health vielgestaltig und nur mit unterschiedlichen Maßnahmen und Prozessen adressierbar.

Von den in der Abbildung 1 ausgewiesenen Nutzergruppen sind lediglich Datenschutz, Wissenschaft und Industrie voll hinter dem Projekt bIT4health stehend. Das Management der Einrichtungen, die Politik, die Presse und die Verbände sind mehrstimmig skeptisch positiv, alle anderen Gruppen sind weitgehend unentschlossen. Die positive Haltung von Datenschutz, Wissenschaft und Industrie resultiert aus unterschiedlichen Gründen: Der Datenschutz hat mit dem Projekt einen Durchbruch im Hinblick auf die Verbesserung in der Stellung des Patienten im elektronischen Informationsaustausch erzielt, die Wissenschaft hofft endlich, die in anderen Ländern viel weiter gediehenen Arbeiten für den Bereich der elektronischen Dokumentation medizinischer Befunde für Forschung, Lehre und Krankenversorgung auch in Deutschland realisieren zu können. Und die Industrie hofft auf erhebliche Auftragsvolumina. Die positive Haltung dieser Nutzergruppen reicht jedoch nicht aus, um das Projekt in der Breite erfolgreich werden zu lassen.

Wie entsteht Akzeptanz?

Mit Sicherheit ist Akzeptanz nicht nur eine Frage einer plakativen Werbung – dazu sind die Nutzergruppen viel zu heterogen und die daraus resultierenden Anforderungen ebenfalls. Vielmehr ist auf unterschiedlichen Kanälen und auf unterschiedlichen Kommunikationswegen herauszuarbeiten, welche positiven persönlichen Vorteile durch das neue Projekt für die verschiedenen Zielgruppen entstehen. Glaubhaft vermittelt werden muss auch, dass diese Vorteile tatsächlich eintreten und nicht nur ein blindes Investment von Aufwand und Geld in eine unsichere elektronische Zukunft eintritt.

Als eines der wichtigsten Elemente der Akzeptanzwerbung muss die Angst vor sozialen und finanziellen Rollenänderungen angesehen werden. Ein aufmerksames Change-Management im Hinblick auf diesen Aspekt erscheint unverzichtbar. In diesem Zusammenhang sind die bisherigen Bemühungen von D21 nicht genügend wirkungsvoll. Auch die Vielzahl der Veranstaltungen, die durch verschiedenste Organisationen durchgeführt werden, bringt relativ wenig, weil sie sich primär auf die Autopsie der technischen Abläufe konzentrieren, aber nicht die Tabufaktoren und die schwierigen Rahmenbedingungen ansprechen und zu einer Lösung führen. Insofern ist der momentane Projektzustand am besten folgendermaßen zu beschreiben: einerseits eine kaum transparente zentrale Projektplanung und Projektarbeit sowie andererseits eine dezentrale Arbeit verschiedenster isolieret Nutzerkreise Auswirkungen, Nebenwirkungen und Kosten des Projektes bei den einzelnen Betroffenen.

Bisherige Wahrnehmung der Gesundheitskarten

Das Projekt bIT4health und die daraus resultierende Gesundheitskarte wird gegenwärtig von den meisten Bürgern primär als Teil eines offensichtlich sehr S1 umstrittenen Änderungsprozesses unseres Gesundheitssystems begriffen. Unter den Heilberufen drohen veränderte Rollen und Datenflüsse. Angst besteht vor Transparenz über eigene Leistungen und evtl. dem Einfluss völlig neuer Machtstrukturen. Die Vorteile in der Verwaltungsarbeit sind primär für die Verbände transparent, schwer zu übermitteln, den Heilberufen und den Bürgern sind sie jedoch nicht leicht zu vermitteln. Letztlich ist der persönliche Vorteil für den betroffenen Patienten schlecht greifbar. Viele Fragen bleiben vor allem für die nicht verkammerten Heilberufe und den stationären Sektor offen (2). Das komplexe Projekt verfügt bisher nicht über die für seinen Erfolg nötige Akzeptanz.

Dazu kommt, dass weite Teile des Managements im Gesundsheitswesen Distanz zum Einsatz der IT pflegen und wenig Erfahrung im IT-Management haben (3). So wird auch nicht erkannt, von welch grundsätzlicher Bedeutung die hinter der elektronischen Gesundheitskarte stehenden Infrastrukturänderungen sind (4).

Schlussfolgerungen

Es besteht dringende Notwendigkeit, dass eine Strategie zur Akzeptanzförderung aufgestellt und realisiert wird. Hauptziel dieser Akzeptanzstrategie muss der Bürger bzw. der Patient sein. Aber auch alle anderen Zielgruppen, vor allem die Heilberufe, müssen konsequent angesprochen werden. Die Vorteile für Bürger und Heilberufe müssen anhand von verständlichen klinischen Beispielen herausgearbeitet werden. Es wird notwendig werden, einzelne Demonstrationsbeispiele zu realisieren, die wie Leuchttürme Anhaltspunkte dafür geben, was mit der Infrastrukturänderung vorgesehen wird und was an positiver Verbesserung für den einzelnen Bürger erreicht werden soll. Schließlich muss es erreicht werden, dass die Rationalisierung der administrativen Abläufe im Gesundheitswesen als direkter Vorteil für den zahlenden Bürger verstanden werden.

Literatur

1. Rienhoff, O.: User Psychology – or who is using whom in Medical Informatics, MEDINFO Proceedings (1977), North-Holland, Amsterdam, pp 983-987.
2. Haas, P.: Konsequenzen der Einführung der Elektronischen Gesundheitskarte für die Krankenhäuser,25.03.2004, Mannheim, 9. Fachtagung „Praxis der Informationsverarbeitung in Krankenhaus und Versorgungsnetzen“
3. Rienhoff, O., Bedeutung der Kompetenznetze für die innere Medizin, MED KLEIN 99, 407 – 411 (2004)
4. Rienhoff, O., Marschollek, M.: Die Gesundheitskarte – Markstein des Medienwechsels zur elektronischen Kommunikation im Gesundheitswesen, Health Academy, 2/2004, Dresden, in Druck


Kontakt
Prof. Dr. Otto Rienhoff
Georg-August-Universität
Abt. Medizinische Informatik
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: 05 51/ 39 34 31
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