Ein Kartenprojekt mit umfangreichen Alltagserfahrungen
Jan Meincke, MediSoftware Praxiscomputersysteme Kiel
In Schleswig-Holstein gibt es eine Region, die durch ihre soziodemographischen Eigenschaften und mehrjährigen Erfahrungen ideal für die Erprobung von IT-Technologie im Gesundheitswesen ist:
Die Region um Flensburg ist nicht nur durch Dänemark, Nord- und Ostsee geografisch gut definiert und bringt damit nahezu ideale Voraussetzungen für Evaluation und Projektcontrolling mit.
Die gesamte Gesundheitsversorgung im Großraum Flensburg (Stadt Flensburg und Teile der angrenzenden Kreise Schleswig- Flensburg und Nordfriesland = ca. 180 000 Einw.) wird durch die ansässigen Vertragsärzte und die beiden Flensburger Krankenhäuser der Schwerpunktversorgung (850 Betten) abgebildet. Im Versorgungsgebiet der Krankenhäuser zeigen die niedergelassenen Vertragsärzte ein stabiles Zuweisungsverhalten zu den Flensburger Krankenhäusern und vor allem eine ausgesprochen hohe Kooperationsbereitschaft über die klassischen sektoralen Grenzen hinweg. Dabei zeigt auch die Bevölkerung des Großraumes Flensburg eine außerordentlich feste Zuordnung zu ihren regionalen Leistungserbringern – analog den früheren Landkreisstrukturen.
Aus den konkreten Anforderungen für die Optimierung alltäglicher Kommunikationsprozesse der niedergelassenen Ärzte sowie der beiden ortsansässigen großen Krankenhäuser wurde bereits 1999 eine gemeinsame VPN-basierte Kommunikationsplattform (Intranet) geschaffen. Diese Struktur wurde finanziell aus entsprechenden Mitteln der AOK Schleswig-Holstein sowie des Landes mit gefördert und ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Aus diesem Nukleus heraus konnten in den Folgejahren verschiedenste Telematik-Anwendungen konzipiert und konsentiert realisiert werden. Die Vorgehensweise bei der Umsetzung der einzelnen Applikationen und Projektschritte folgte dabei stets einer „bottom-up“ Strategie, um maximale Akzeptanz bei den beteiligten Leistungserbringern und Institutionen zu erzielen.
Im Juni 2001 wurde die Notwendigkeit einer elektronischen Gesundheitskarte für die signifikante Verbesserung der Notfallversorgung sowie als zentrale Zugangskontrollkomponente für netzbasierte Daten als ein weiteres Ziel der Partner im inzwischen auch vertraglich verbundenen Gesundheitsnetzwerk Flensburg identifiziert.
Eine Projektgruppe unter Moderation des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig-Holstein erarbeitete sowohl die technischen als auch die administrativen Strukturen für die Einführung einer Gesundheitskarte. Durch die konkrete Mitgestaltung von Anwendern, Industrie, Kostenträgern, Datenschützern und allen relevanten Verbänden entstanden im Laufe der Jahre sogar schon mehrere aufeinander aufbauende Prototypen für die „Gesundheitskarte Schleswig-Holstein“.
Die Entwicklungstiefe der Gesundheitskarte war bei der ersten öffentlichen Vorstellung des funktionstüchtigen Labormodells im April 2002 bereits deutlich größer, als es die aktuelle Fassung des GMG für die neu einzuführende eGK vorsieht. Bei der technischen Konzeption floss die unmittelbare Grenznähe zu Dänemark insofern ein, als dass von Anfang an auf internationale Interoperabilität der verwendeten Techniken, Prozeduren und Kommunikationsschnittstellen abgestellt wurde.
Das Projekt hält sich dabei generell an die Empfehlungen und Vorgaben des bIT4health zur Rahmenarchitektur sowie alle zwischenzeitlich als verbindlich einzustufenden Veröffentlichungen der gematik.
Abweichend von den gesetzlichen Minimalanforderungen ist bereits in der Aufbauphase die Integration der „freiwilligen Applikationen“ realisiert worden, da hier bereits einschlägige Erfahrungen und Prozessabläufe aus der laufenden erweiterten Laborphase in Flensburg vorliegen.
Seit Oktober 2003 befand sich die Gesundheitskarte Schleswig-Holstein in einer erweiterten Laborphase, bei der mit 250 ausgegeben Karten der Echtbetrieb sowie Akzeptanz- und Roll-Out-Strategien unter Alltagsbedingungen erprobt wurden.
Nach der erfolgreichen Realisierung und öffentlichen Vorstellung des elektronischen Rezeptes im September 2004 in Flensburg wurde die dafür notwendige technische und organisatorische Infrastruktur weiter ausgebaut. Das elektronische Rezept sowie die bisher im Einsatz befindliche Gesundheitskarte Schleswig-Holstein repräsentieren dabei nur einen kleinen technischen Teil der Aktivitäten vor Ort.
Zentrales Augenmerk und schon seit langem intensiv genutztes Arbeitsmittel des Projektes ist die sektorenübergreifende, gerichtete elektronische Kommunikation der verschiedenen Leistungserbringer in einem hoch verschlüsselten VPN.
Zur weiteren Verbesserung der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit kommt daher seit Herbst 2004 eine einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte im Intranet des Projektes zum Einsatz, die auch eine ungerichtete Kommunikation ermöglicht.
Um die Nutzungsmöglichkeiten der patientenbezogenen Datenspeicherung in netzbasierten elektronischen Patientenakten ausschöpfen zu können, werden nicht nur kontinuierlich weitere Arztpraxen an das VPN-basierte Netz angeschlossen. Eine zentrale Anforderung des Datenschutzes kann nur erfüllt werden, wenn die Patienten zu jedem Zeitpunkt „Herr ihrer zentral gespeicherten Daten“ bleiben.
Dafür ist es zwingend erforderlich, sowohl den behandelnden Arzt sowie den Patienten selber eindeutig zu identifizieren, um die Zugriffsrechte auf die netzbasierten Daten auch innerhalb des VPN korrekt abbilden zu können.
Die Ärztekammer Schleswig-Holstein sowie die Apothekerkammer Schleswig-Holstein beliefern daher in Zusammenarbeit mit einem Trustcenter alle am Flensburger Projekt beteiligten Ärzte und Apotheker in einem signaturgesetzkonformen Ausgabeprozess mit jeweils von den Kammern bestätigten Heilberufeausweisen (HPC V2.0). Bis zur finalisierten Spezifikation auf Bundesebene dienen diese elektronischen Heilberufsausweises mit qualifizierter digitaler Signatur als technischer Vorläufer, denn sie decken bereits alle wesentlichen Funktionen der endgültigen HPC ab. Der Ausgabeprozess wird durch die aktive Projektteilnahme der Kammern dabei schon heute so organisiert, dass später die Vorläuferkarten ohne Zeitverzug und neue Anträge der teilnehmenden Ärzte und Apotheker gegen „echte“ HPCs ausgetauscht werden können.
Ebenso verfahren die am Projekt beteiligten Krankenkassen. Wurde bis Anfang 2005 die Gesundheitskarte Schleswig-Holstein durch die beteiligten niedergelassenen Ärzte mit hohem Zeitaufwand direkt an die Patienten ausgegeben, so übernehmen jetzt die Krankenkassen die Gewinnung der Patienten zur freiwilligen Teilnahme am Projekt und organisieren die technische Ausgabe der Gesundheitskarte.
Auch hier ist der Ausgabeprozess so organisiert, dass die jetzt verwendeten Karten später ohne Zeitverzug gegen „echte“ eGKs ausgetauscht werden können.
Durch die technische Einbindung der Krankenkassen war es möglich, bis Oktober 2005 weit mehr als 1200 Patienten mit der Gesundheitskarte Schleswig-Holstein auszustatten.
Auf dieser breiten technischen und organisatorischen Basis empfiehlt sich die Region Flensburg schon heute als eine ausgereifte Plattform für die Erprobung von Technik und Prozessen, wie sie zukünftig millionenfach in Deutschland zum Einsatz kommen werden.
Vor diesem Hintergrund ist Bewerbung für die Durchführung eines Testvorhabens bei der gematik nahezu zwingend, da alle Investitionen und bereits geschaffenen Strukturen sowie eine Vielzahl der Erfahrungen im Umgang mit dem Medium Gesundheitskarte nahtlos weiterverwendet werden können.
Kontakt Dipl. Phys. Jan Meincke MediSoftware Praxiscomputersysteme Kiel Steinstr. 1 24118 Kiel, Germany Tel.: +49 431/ 8 86 87-11 Fax.: +49 431/ 8 86 87-88
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