Die webbasierte Fitnessakte als Element der elektronischen Gesundheitsakte (EGA) in Deutschland
Roland Trill, Sönke Arendt
Bei der einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte (eEPA) handelt es sich nach wie vor um eine zentrale Applikation der sich im Aufbau befindenden Telematikinfrastruktur in Deutschland. Der Blick in die Praxis zeigt, dass im Kleinen bereits tragfähige Vernetzungen realisiert worden sind und diese in Form von Pilotprojekten wie beispielsweise innerhalb von Ärztenetzen oder Klinikverbünden eingesetzt werden. In der Öffentlichkeit werden aktuell jedoch überwiegend Problemstellungen hinsichtlich des Datenschutzes, rechtlicher Rahmenbedingungen und gesetzlicher Mindestanforderungen mehr oder minder kontrovers diskutiert und nicht die Vielzahl an positiven Effekten für das deutsche Gesundheitswesen. Gerade die elektronische Gesundheitsakte (eGA) besitzt das Potenzial dringend notwendige Veränderungen im deutschen Gesundheitswesen anzustoßen. Sie sollte intensiver diskutiert werden. Einen Beitrag dazu liefert dieser Artikel.
EPA und eGA
Die eGA ist wie folgt definiert: „A Personal Consumer Health Record is an internet accessible application to create, review, annotate, or maintain a record of any aspects of one`s health.”
Eine webbasierte elektronische Gesundheitsakte ist demnach eine über das Internet zugängliche Anwendung zur Erstellung, Betrachtung und Pflege einer persönlichen Akte über jeden gesundheitlichen Aspekt des Benutzers/Bürgers.
Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen einer eEPA und der elektronischen Gesundheitsakte (eGA) ist die alleinige Verfügungsgewalt des Bürgers/Patienten über seine Akte (wobei der Begriff „Akte“ missverständlich ist, handelt es sich doch um eine Datenbankanwendung). In der nachstehenden Abbildung erfolgt eine Abgrenzung, wobei die elektronische Fallakte (aufgrund der gegenwärtigen Aktualität) ebenfalls mit einbezogen wird.
Ausschließlich der Patient entscheidet, wer welche Daten in seiner Akte speichert, ändert und wer welche Informationen einsehen und nutzen darf. Des Weiteren besteht für ihn die Möglichkeit, weitere medizinische Daten in seiner Akte zu dokumentieren. Der Bürger/Patient ist somit der alleinige Herr über all seine medizinischen Daten. Die Hinzufügung des Begriffs „Bürger“ ist von großer Bedeutung, da – wie beispielsweise das in diesem Artikel aufgegriffene Modul „Fitnessakte“ zeigt – die Datensammlung beginnen wird bevor der Bürger im klassischen Sinne zu einem Patienten werden wird.
Durch die eGA wird der bereits eingeleitete Paradigmenwechsel des Rollenverständnisses zwischen Ärzten und Patienten hin zu einem „shared decision making“ sowie einer aktiven Partnerschaft zwischen dem behandelnden Arzt und dem Patienten noch verstärkt. Die Rollenänderung des Patienten wird als „Patienten Empowerment“ bezeichnet – ein Trend, dessen Auswirkungen auf das deutsche Gesundheitswesen nicht hoch genug eingeschätzt werden können.
Aktuell ist der Bekanntheits- und Nutzungsgrad der eGA in Deutschland jedoch noch gering. So ging Warda im Jahr 2005 von einer Nutzungsrate von 70.000- 100.000 Patienten in Deutschland aus. Die ICW AG und die„vita-X“-AG nannten auf der MEDICA im November 2007 8.000–10.000 beziehungsweise 3.000 Nutzer ihrer eGA. „careon-de“ gab auf seiner Internetseite Ende 2007 an, dass 45.000 Versicherte von 20 privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen die careon-Gesundheitsakte nutzten. Bei einer aktuellen Befragung (2008) von 500 Personen aller Altersgruppen gaben lediglich 12 Prozent an, im Vorfeld der Erhebung schon einmal etwas von einer eGA gehört zu haben. Lediglich vier Personen gaben an, eine eGA zu nutzen.
Zusätzlich zu der im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) seit Jahren in Deutschland geführten Diskussion um den „gläsernen Patienten“ kommen mehrere Gründe, wie beispielsweise eine geringe Zahlungsbereitschaft der Patienten, ein fehlendes Vergütungsmodell für die Ärzte sowie eine zum jetzigen Zeitpunkt noch unzureichende (wenn auch anwachsende) Medienkompetenz der älteren Bevölkerungsgruppe für den geringen Bekanntheits- und Nutzungsgrad der eGA in Betracht. Insbesondere die letztgenannte Personengruppe leidet oft an chronischen Erkrankungen, verbunden mit einer Multimorbidität und könnte so am meisten von den positiven Effekten einer eGA profitieren. Jüngere Bevölkerungsgruppen mit einem hohen Gesundheitsbewusstsein hingegen profitieren in Lebensabschnitten, in denen sie nicht erkranken, nicht unmittelbar von den Vorteilen einer eGA, wie beispielsweise dem Schutz vor Medikamenten- Kontraindikationen.
Nutzen der eGA
Der größte Nutzen der eGA sowohl für die Patienten als auch für die Leistungserbringer entsteht durch das Zusammentragen, das Ordnen und die Verfügbarkeit aller medizinischen Dokumente, Befunde und Informationen des Patienten und die Zugriffsmöglichkeit an jedem Ort (z. B. auch im Ausland) und zu jedem Zeitpunkt. Das Ziel sollte daher eine lebenslange Dokumentation der medizinischen Historie des Patienten, ergänzt durch Gesundheitsund Präventionsdaten, sein. Vorteile für den Patienten entstehen aufgrund dieser Aufzeichnungen zwar erst beim Eintritt einer Krankheit, jedoch fängt gesundheitsbewusstes Handeln schon im Vorfeld an.
Die Anbieter der eGA haben auf dieses Problem reagiert und spezielle Funktionen, wie beispielsweise automatische Erinnerungsfunktionen für Impftermine und Vorsorgeuntersuchungen in Ihre Akten integriert. Funktionen wie der Elektronische Mutterpass oder die Mutter-Kind-Akte sind insbesondere für junge Familien attraktiv. Eine interessante und auch Erfolg versprechende Möglichkeit jüngere Bevölkerungsgruppen für die Nutzung einer eGA zu interessieren, stellt die Verbindung der eGA mit einer Fitnessakte dar...
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel:
| Die webbasierte Fitnessakte | Artikel ist erschienen in:
| Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2009
| Kontakt/Autor(en): | Prof. Dr. Roland Trill Fachhochschule Flensburg University of Applied Sciences Fachgebiet Krankenhausmanagement & eHealth Kanzleistraße 91-93 D-24943 Flensburg Tel.: +49 (0) 4 61 / 8 05 14 73 Fax: +49 (0) 4 61 / 8 05 14 96
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Sönke Arendt Management Sekretariat eHealth for Regions c/o Fachhochschule Flensburg University of Applied Sciences Kanzleistraße 91-93 D-24943 Flensburg Tel.: +49 (0) 4 61 / 8 05 17 31 Fax: +49 (0) 4 61 / 8 05 14 96 | Seitenzahl:
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