Generische Datenschutzmodelle für die medizinische Forschung |
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Peter Debold, Carl-Michael Reng
1 Problemstellung
Vernetzte medizinische Forschung Die Vernetzung medizinischer Forschung wird international mit dem Ziel vorangetrieben, die Forschung auf eine breite Basis zu stellen und ihr hierzu ausreichend große Patientenkollektive verfügbar zu machen. So soll auch die wissenschaftliche Untersuchung seltener Krankheits- und Therapieformen aussagekräftiger werden. Dieses Ziel verlangt, dass Patientendaten nicht nur, wie in traditionellen klinischen Forschungsprojekten, im Rahmen dezidierter Studienprotokolle bereit gestellt werden, sondern dass sie in einem Verbund von Einzelprojekten zusammengeführt und gemeinsam genutzt werden können. Im Vergleich zu traditionellen klinischen Studien erweitert sich auch der Zeitraum der erwünschten Bereitstellung der Daten erheblich, da das Interesse der Nutzung gerade im Hinblick auf das besonders interessante Langzeit- Outcome den Zeithorizont eines Einzelprojektes übersteigt.
Die deutsche Datenschutzkultur definiert für dieses Ansinnen eindeutige Forderungen3: Werden Patientendaten nicht nur für die Behandlung, sondern auch für Forschung genutzt, ist das Einverständnis des Patienten zu einer derartigen Nutzung seiner Daten unverzichtbar. Dennoch ist auch ein vorliegendes Einverständnis kein „Freibrief“ zum wissenschaftlichen Datenaustausch und Datenpooling. Die Befugnisse des Behandlungsvertrags, der den Ärzten in der Regel freien Zugang zu personen- und behandlungsbezogenen Informationen innerhalb des Behandlungszusammenhanges gewährt, dürfen auch mit Genehmigung des Patienten nicht bzw. nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen auf Dritte übertragen werden. Die einfache Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung ist hierbei nicht ausreichend, um den für vernetzte Forschung erforderlichen Freiheitsgrad im Umgang mit klinischen Daten zu erzielen.
Telematikplattform Medizinische Forschungsnetze
Die Förderung von bundesweit agierenden Forschungsnetzen in Deutschland war mit der Einrichtung einer „Telematikplattform für medizinische Forschungsnetze“ TMF - verbunden, in der die Aktivitäten der Netze im Bereich der Informationstechnologie gebündelt und vereinheitlicht werden sollten. Die TMF ist die Interessensgemeinschaft öffentlich geförderter medizinischer Forschungsverbünde und zahlreicher Koordinierungszentren für Klinische Studien in Deutschland. Sie dient der Koordination von Interessen der Forschungsverbünde in der Entwicklung und im Auf- und Ausbau leistungsfähiger IT-Infrastrukturen für die medizinische Forschung4. Die Kompetenznetze für die Medizin haben hierbei die Aufgabe, über den bundesweiten Zusammenschluss von Forschungsinitiativen die Expertise in Forschung, Lehre, Entwicklung, Anwendung und Dienstleistung zu bündeln5, die Koordinierungszentren für klinische Studien sollen vernetzte Strukturen etablieren, welche die Qualität und Effizienz klinischer Forschung verbessern helfen6. Besonders schwierig und aufwendig war es bisher für die „Forschungsverbünde in der Medizin“ ein gesetzeskonformes Datenschutz-Konzept zu erarbeiten, das sowohl den Interessen der an der Forschung Beteiligten, den Interessen der klinisch Behandelnden und den legitimen und vorrangigen Interessen der Patienten gerecht wird.
Die TMF entwickelte daher einen Pseudonymisierungsdienst für Forschungsdaten, die in einem eigenständigen Dokumentationsprozess gewonnen werden. Außerdem wurde in einem der Kompetenznetze7 ein Konzept entwickelt, das die Bereitstellung von Forschungsdaten direkt aus dem Behandlungsprozess heraus zum Ziel hat.
Nachdem die Entwicklungen mit nachhaltiger Unterstützung der Datenschutzbeauftragten aus Bayern und Berlin einen gewissen Reifegrad erreicht hatten, wurde zwischen der TMF, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Arbeitskreis Wissenschaft der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vereinbart, dass diese Datenschutzkonzepte nicht nur als projektspezifische, sondern auch zu generischen Lösungen weiterentwickelt werden sollten. Ziel der Erstellung dieser generischen Lösungen sollte es sein, für die vernetzte medizinische Forschung allgemeingültige, beispielhafte Lösungen zu generieren. So sollte der Aufwand der datenschutzrechtlichen Konzeption für zukünftige Forschungsverbünde gering gehalten und das erforderliche datenschutzrechtliche Prüfungsverfahren schneller durchgeführt werden können.
Das ehrgeizige Vorhaben, Anfang 2002 gestartet, kam im März 2003 zum Abschluss. Nach intensiven Beratungen zwischen den Entwicklern, der TMF und dem AK Wissenschaft wurden zwei auf gemeinsamer Basis entwickelte Modelle verabschiedet, die nun bundesweit anerkannt sind und als Richtschnur für Projekte der vernetzten Forschung gelten können.
Besondere Rahmenbedingungen für den Datenschutz
Bei der Gestaltung des generischen Datenschutzkonzeptes waren neben vielen komplexen Problemen einige Besonderheiten zu beachten, die in bisher vorliegenden Lösungsansätzen einzelner Forschungsverbünde nur unzureichend Berücksichtigung fanden: ...
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel: | Generische Datenschutzmodelle für die medizinische Forschung
| Artikel ist erschienen in: | Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2004
| Kontakt/Autor(en): | Peter Debold Debold & Lux – Beratungsgesellschaft für Informationssysteme und Organisation im Gesundheitswesen Hamburg
Carl-Michael Reng Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I Universität Regensburg
| Seitenzahl: | 6
| Sonstiges | 2 Abb. | Dateityp/ -größe: | PDF / 394 kB | Click&Buy-Preis in Euro: | kostenlos
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