Marco Eichelberg (1), Eric Poiseau (2), Berthold B. Wein (3), Jörg Riesmeier (1)
1 OFFIS – Oldenburger Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Informatik-Werzeuge und -Systeme, Escherweg 2, 26121 Oldenburg 2 Laboratoire IDM, 2 ave du Prof Léon Bernard CS34317, 35043 Rennes Cedex, France 3 Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Radiologische Diagnostik, Pauwelsstraße 30, 52057 Aachen
Zusammenfassung
IHE (Integrating the Healthcare Enterprise) ist eine von medizinischen Anwendern, Verwaltungs- und IT-Fachleuten sowie der medizintechnischen Industrie getragene Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Integration der IT-Systeme im Gesundheitswesen voran zu treiben. Ein Grundpfeiler der Initiative ist dabei das sogenannte Technische Rahmenwerk, in welchem die wichtigsten IT-Komponenten einer Einrichtung des Gesundheitswesens identifiziert und die Interaktionen zwischen diesen Komponenten durch Transaktionen auf der Basis der internationalen Standards DICOM und HL7 beschrieben werden. Der jährlich durchgeführte „Verbindungstest-Marathon“ bietet Herstellern die Möglichkeit, die Interoperabilität ihrer Produkte auf der Basis des Technischen Rahmenwerks der IHE zu testen und zu verifizieren. Für Anwender in Krankenhäusern und medizinischen Praxen bietet die Modellierung typischer Anwendungsszenarien im Rahmen sogenannter „IHE-Integrationsprofile“ eine einfache Möglichkeit, die „Schnittstellen-Problematik“ bei den Ausschreibungen für neue Systeme zu berücksichtigen, ohne sich im Detail mit DICOM und HL7 auseinandersetzen zu müssen. Insgesamt ermöglicht IHE eine deutlich bessere, einfachere IT-Integration mit spürbaren Verbesserungen der Funktionalität für die Anwender.
Einführung
In den modernen Industriegesellschaften ist ein exponentielles Wachstum des medizinischen Wissens zu beobachten. Nur eine vollständige Integration der Informationssysteme in einer Einrichtung des Gesundheitswesens erlaubt es, diese Ressourcen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung auszuschöpfen. Die Systeme müssen in der Lage sein, dem behandelnden Arzt bei Bedarf alle relevanten Informationen zu einem Patienten zu liefern. IHE ist eine von medizinischen Anwendern, Verwaltungs- und IT-Fachleuten sowie der medizintechnischen Industrie getragene Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Integration der IT-Systeme im Gesundheitswesen voranzutreiben [1]. IHE wurde 1998 vom amerikanischen Radiologenverband RSNA (Radiological Society of North America) und der Vereinigung der Anbieter von medizinischen Informationssystemen HIMSS (Healthcare Information and Management Systems Society) in den USA gegründet, hat sich inzwischen aber zu einer internationalen Initiative entwickelt, die auch die besonderen Anforderungen des Gesundheitswesens in Europa und Japan berücksichtigt. IHE wird durch ein technisches Komitee und ein Planungskomitee geleitet. Der europäische Zweig der Initiative arbeitet in enger Kooperation mit der internationalen Initiative zusammen und hilft dabei, die spezifisch europäischen Bedingungen in den internationalen Konzepten zu verankern. In Europa unterscheidet sich die Struktur des Gesundheitswesens von Land zu Land erheblich, sowohl bezüglich der Rechtsprechung, Sprache, medizinischer und organisatorischer Prozeduren, als auch in Bezug auf die Anbieter von Informationssystemen. Insbesondere Krankenhaus- und Abteilungsinformationssysteme sind häufig auf einen spezifischen nationalen Markt zugeschnitten, und die Mehrzahl der Anbieter in diesem Bereich ist nur in einem oder in wenigen Ländern am Markt präsent. Dennoch ähneln sich die IT-Integrationsprobleme, die man in Einrichtungen des Gesundheitswesens quer durch Europa beobachten kann, sehr, so dass die Entwicklung internationaler Lösungen mit ggf. notwendigen, geringfügigen nationalen Anpassungen nahe liegt. Träger von IHE in Deutschland sind die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) sowie der Fachverband Elektromedizinische Technik im ZVEI e.V. (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie).
Technisches Rahmenwerk
Ein Grundpfeiler der IHE-Initiative ist das sogenannte Technische Rahmenwerk (Technical Framework) [2]. In diesem Dokument werden die wichtigsten ITKomponenten einer Einrichtung des Gesundheitswesens identifiziert und die Interaktionen zwischen diesen Komponenten durch Transaktionen auf der Basis der internationalen Standards DICOM und HL7 beschrieben. IHE beschränkt dabei die Vielzahl von Optionen in DICOM (Digital Imaging and Communications in Medicine) [3] und HL7 (Health Level 7) [4] auf einen sinnvollen „kleinsten gemeinsamen Nenner“, der eine Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen ermöglicht. Weiterhin werden die Zusammenhänge zwischen DICOM und HL7 (etwa bei der Übergabe und Interpretation von Kennziffern) klar definiert. Das Rahmenwerk umfasst inzwischen über 500 Seiten mit detaillierten technischen Angaben.
Um die Komplexität der IHE-Thematik handhabbar zu machen, ist das Technische Rahmenwerk in sogenannte „Integrationsprofile“ gegliedert. Jedes Integrationsprofil beschreibt ein bestimmtes Anwendungsszenario in der Patientenversorgung, das eine Interaktion zwischen verschiedenen IT-Systemen erfordert. Die beteiligten Systeme und die Kommunikation zwischen diesen Systemen werden dann in Form von abstrakten „Akteuren“ und „Transaktionen“ modelliert, die wiederum auf den Standards DICOM und HL7 aufsetzen. Mit dieser Terminologie löst sich IHE bewusst von den Systemgrenzen bestimmter Produkte und eröffnet der individuellen Anwendung neue Freiheitsgrade. So kann etwa in einem Krankenhaus die Beauftragung in die Radiologie Funktion des KIS (Krankenhausinformationssystem) sein und in einem anderen Krankenhaus Teil des RIS (Radiologie-Informationssystem). Das Technische Rahmenwerk wird stetig fortgeschrieben und ist für alle Interessenten frei verfügbar. In der aktuellen Fassung sind die folgenden Integrationsprofile definiert:
Geplanter Arbeits- und Informationsfluss (Scheduled Workflow): Organisation und Homogenisierung des gesamten Datenflusses, beginnend bei der Aufnahme des Patienten in der Gesundheitseinrichtung, Übernahme der Daten in das jeweilige Abteilungssystem (z.B. Radiologische Diagnostik), Übernahme in die einzelnen Modalitäten und die Bildarchive. Gleichzeitig Rückmeldung der erfolgten Untersuchung an die vorgeschalteten Systeme.
Korrektur der Patienteninformationen (Patient Information Reconciliation): Treten unvollständige Daten auf, oder müssen Daten aufgrund von Änderungen der Patientendemographie korrigiert werden, werden diese Informationen automatisch an alle Subsysteme weiter gemeldet. Beispiele: unbekannter Traumapatient, Namenswechsel bei Eheschließung.
Konsistente Bilddarstellung (Consistent Presentation of Images): Die digitale Weitergabe von Bildern muss so erfolgen, dass die korrekte Einstellung des Bildes hinsichtlich Kontrast, Ausschnittsvergrößerung und Beschriftungen erhalten bleibt. Der Bildeindruck muss konsistent (vergleichbar) bleiben, auch wenn ein Bild auf unterschiedlichen Bildschirmen dargestellt oder auf verschiedenen Druckern ausgedruckt wird. Durch konsequente Nutzung des DICOM-Standards kann dies realisiert werden...
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel: | Integrating the Healthcare Enterprise: Die IHE-Initiative in Europa
| Artikel ist erschienen in: | Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2004
| Kontakt/Autor(en): | Marco Eichelberg (1), Eric Poiseau (2), Berthold B. Wein (3), Jörg Riesmeier (1)
1 OFFIS – Oldenburger Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Informatik-Werzeuge und -Systeme, Escherweg 2, 26121 Oldenburg 2 Laboratoire IDM, 2 ave du Prof Léon Bernard CS34317, 35043 Rennes Cedex, France 3 Universitätsklinikum Aachen, Klinik für Radiologische Diagnostik, Pauwelsstraße 30, 52057 Aachen
| Seitenzahl: | 4,5
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